Der Alpinist - Tourenbeschreibungen, Bergsteigen, Skilauf und Skisprung
(Foto: Sonnenuntergang im Spätherbst gegen die Hochtorgruppe - © Petter E. Bjørstad, Norwegen)
Der "Jahn-Gustl" wie er in Bergsteigerkreisen gerne genannt wurde, war in erster Linie Kletterer und der Fels sein Lieblingsgebiet, doch hat er auch in Firn uns Eis dank seiner unglaublichen Trittsicherheit und seines hervorragenden Könnens manche beachtenswerte Leistung vollbracht. Auch als Skifahrer hat er viele Erfolge errungen, was die an anderer Stelle erwähnten 28, zum Teil ersten Preise, beweisen. Und doch war er kein "Sportsmann" und unterschied sich auch als Meisterkletterer wesentlich von den heutigen Klettergrößen.
Keine einzige Stelle nahm er mit Kraft, sondern schien dem spröden Fels Meter um Meter abzuschmeicheln. Mit ruhiger Gelassenheit und unglaublicher Geschmeidigkeit bewegte er sich im allerschwersten Gelände so sicher, als ob er auf blumiger Matte laufwandeln würde. Ihm Klettern zuzusehen war gerade zu ein schönheitlicher Genuss. Die Anwendung von künstlichen Hilfsmitteln, wie Stiften, Haken, Karabiner usw. verschmähte Gustav Jahn nicht nur, sondern hielt sie vom bergsteigerischen Standpunkt aus als geradezu unzulässig!
Trotzdem gönnte er aber den vielen, die einen schwindeligen Pfad zur Höhe lieben, ohne den Fels entsprechend meistern zu können, die Freude an einen versicherten Klettersteig und regte beim Pächter des Ottohauses auf der Rax Camillo Kronich, den Bau des "Alpenvereinssteiges" an und beriet ihn auch bei der Erstellung des nach ihm benannten "Jahn-Steiges" sowie des "Hans-Haid-Steiges" und verdiente sich so auch den Dank der großen Gemeinde der Raxbesucher.
Die Anfänge seiner alpinen Betätigungen reichen in das Jahr 1895 zurück, wo er (16-jährig) mit der Familie den Sommer in Gloggnitz (NÖ) verbrachte und von dort auf die Rax kam.
Hier erwachte auch die Leidenschaft und die Liebe zu den Bergen. In den folgenden Jahren war er sowohl in Gloggnitz als auch am Fuße der Rax, in Weißenkirchen in der Wachau sowie in Flatz bei Neunkirchen auf Aufenthalt, wo er sich mit Malstudien und Kletterübungen beschäftigte. Bis 1900 unternahm er Bergfahrten im Rax- und Hochschwabgebiet sowie in den Gesäusebergen, Frühling und Herbst 1900 verbrachte er, Malstudien und Kletterübungen obliegend, in Flatz bei Neunkirchen.
Von seinen ab 1900 durchgeführten Touren möchten wir nachstehend, einige in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge anführen.
(INFO: zum Vergrößern der gezeigten Bilder auf die Abbildungen klicken)
1900
wurde fleißig das Gesäuse besucht, in den Dolomiten Winkler- und Stabelerturm bestiegen und als Neutour die 1. Durchsteigung der Westwand der Admonter Frauenmauer durchgeführt.
Durchsteigung der Westwand der Admonter Frauenmauer durch Ing. Eduard Pichl & Gustav Jahn
Bild: Der Große Buchstein von Süden. Die vom Gipfel herabziehende Schattenkontur markiert den Westgrat (III-), den beliebtesten Kletterweg. Der Normalanstieg führt durch die Schlucht zwischen Hauptgipfel und Admonter Frauenmauer (links)
Klettern: Die Südwand der Tieflimauer bietet schwere Klettereien, empfehlenswert die Westkante (V) und die Westwand (IV).
Er ist kein einzelner Berg, er ist ein weitläufiger Gebirgsstock, der nach allen Seiten jäh abfällt wie die Befestigungsanlage einer alten, trotzigen Ritterburg. Dieser Bergklotz hat sich ringsherum mit einer steilen Zyklopenmauer umgeben, aus der wie Zinnen die einzelnen Gipfel herausragen: Großer Buchstein 2224m, St. Gallener Spitze 2143 m, Admonter Frauenmauer 2172m, Plattenkogel 1983m, und Buchsteinmauer 2123m. Sie sind alle selbständige Gipfel, die durch ein weites Hochplateau miteinander verbunden sind. Mehr als drei Dutzend Anstiege, die durchwegs anspruchsvolle Klettereien sind, ergeben eine abwechslungsreiche Palette für den Bergsteiger. Auf alle angeführten Gipfel führen lohnende, oft auch selten begangene Routen, die Anstiege vom Talaus sind alle lang und mühsam. Der einzige Stützpunkt ist das Buchsteinhaus. Es steht bereits auf einer Höhe von 1571 Metern und von dort ist eine Besteigung auf dem Normalweg über das Krautgartl nicht mehr allzu langwierig.
Dolomiten: DIE VAJOLETTÜRME - Torri del Vaiolet - in der Rosengartengruppe
Winklerturm (Torre Winkler) 2800 M und Stabelerturm (Torre Stabeler) 2805 M wurden von G. Jahn erstiegen.
Die sechs Vajolet-Türme sind eine bizarre Felsformation im Zentrum der Rosengartengruppe in Südtirol . Sie werden im Norden durch den Vajoletpass (2459 m s.l.m.) und im Süden durch den Laurinspass (2627 m s.l.m.) begrenzt. Sie werden in drei nördliche und drei südliche Türme unterteilt, die jeweils einen eigenständigen Sockel aufweisen und durch die Winklerscharte (2650 m s.l.m.) getrennt werden.
Die drei südlichen Türme sind die bekannteren, haben den besseren Fels und stellen eines der Schaustücke der Alpen dar. Bekannt sind sie als Kletterberge. Einige der Routen gehören zu den bekanntesten Routen im mittleren Schwierigkeitsgrad in den gesamten Alpen und sind in der Saison entsprechend gut besucht.
Erstbesteiger Vajolet-Türme:
Stabelerturm (Torre Stabeler) 2805 m s.l.m. H. Stabeler und H. Helversen am 16. Juli 1892 über die Südostflanke, den heutigen Normalweg (III und II),
Winklerturm (Torre Winkler) 2800 m s.l.m. Georg Winkler 1887 im Alleingang über die Südostwand (1 Stelle IV+, einige Stellen IV- sonst III und II) - (Quelle Wikipedia)
Winklerturm: Georg Winkler: (* 26. August 1869 in München; † 16. oder 17. August 1888 am Weisshorn in den Walliser Alpen) war ein deutscher Alpinist. Er stammte aus einer angesehenen Münchener Familie. Sein Vater Johann Georg Winkler war Fleischermeister und führte eine Schweinemetzgerei in der bayerischen Hauptstadt. Bei seinen Touren in den Alpen war Georg Winkler ab 1886 vielfach als Alleingänger unterwegs, dem viele Erstbegehungen sowie einige Erstbesteigungen glückten und der das Risiko nicht scheute:
"ich bin mir über das movens bei meinen Touren längst klar geworden und erkannte bald, daß es die Gefahr ist, die, aufgesucht und überwunden, dem Manne unendliche Genugtuung und viele Befriedigung gewährt; die Gefahr und die unendliche Großartigkeit des Hochgebirges in ihrer Vereinigung, sind es, die uns dämonisch anlocken (Quelle Wikipedia)
1901
Gesäuse und Dolomiten, Dachstein (Torstein-Südwand), Grödner- und Sextner Dolomiten, Neu: Großer Manndlkogl (1. Ersteigung über den Ostgrat, 1 Überschreitung) - mittlerler Mandlkogel-Hoher-Niederer Flachkogel, Großwand-Großwandeck (1. Ersteigung über den Südostgrat, 1.Überschreitung - teilweise neuer Abstieg nach Nodwesten)-Weitgrießkopf-Wasserkarkogel, Rax 1. Durchkletterung der Königschußwand (O. Barth + G. Jahn)
Im Winter 1901/1902 begann Jahn auch dem "Schisport" emsig zu huldigen, eine Fahrt durch den Keselgraben auf der Rax war eine seiner ersten. Ihre Zahl wuchs in den darauffolgenden Jahren ungemein. Er gewann bei verschiedenen Schirennen 28, darunter mehrere erste Preise. Der Österreichische Wintersportklub, dessen Ehrenmitglied er wurde, verdankt ihm seine Gründung.
Ein Gruß vom XXIII. Alpenklub-Kränzchen,
1. Februar 1901
Motiv: der "Zwölfer" mit der Zsigmondyhütte
AK - Gruß vom XXIII. Alpenklub-Kränzchen am 1. Februar 1901
Es grüßen:
Gustav Jahn, Camillo Opel, Eduard Gams, Otto Barth, E. Kipfl und Franz Barth
Von der Langkofelhütte.
Über die zerstörte Langkofelhütte der Akademischen Sektion Wien erhalten wir folgenden Bericht:
"Kurze Zeit nach Erhalt der Nachricht von der Vernichtung unserer Hütte begaben sich die Herren Rickmer-Rickmers, Gustav Jahn und Otto Barth nach St.Ulrich in Gröden und später ins Langkofelkar, um die Stätte des Unglückes in Augenschein zu nehmen. Der Anblick der schon auf dem Confinboden verstreuten Ueberreste war ein ungemein trauriger. Viele Gegenstände waren schon ausgeapert, doch die Mehrzahl derselben lag noch unter den Schneemassen vergraben. Es wurde festgestellt, dass die Lawine ihren Weg vom Langkofelgletscher nahm, denn nur durch diesen hohen Sturz konnte sie die zerstörende Kraft und Ausdehnung erhalten. Hätte die Hütte nur um weniges weiter gegen das Plattkofelkar gestanden, so hätte sie dem Luftdrucke sicher standgehalten, und nur kleine Beschädigungen wären die Folge gewesen. Zu dieser Annahme zwingt die Thatsache, dass der Abort, der weiter in dieser Richtung stand, einfach umgelegt wurde. Der Hüttenwart, Herr Dr. Dovolavilla, hat nicht versäumt, Decken und Matratzen bergen zu lassen.
Es war geplant, eine kleine Nothbaracke zum Uebernachten von circa 3—4 Personen aus den Holzresten zu errichten, allein der viele Schnee macht die Ausführung dieses Baues unmöglich. Der Keller, der übrigens unversehrt und mit dem Alpenvereinsschlosse versehen ist, ist aber mit Getränken und Conserven gut versehen. Die übrigen Vorarbeiten sind im besten Zuge, und mit Zuversicht hofft die Akad. S. Wien ihr Heim nächstes Jahr neu erstehen lassen zu können."
Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.27 (1901) Nr. 14 Seite 169/170
Gosauer Stein (Bischofsmütze), Großer Mandkogl (2214m): 1. Ersteigung über den Ostgrat von der Mandlscharte und 1. Überschreitung Gustav Jahn und Ing. Eduard Pichl am 24.Mai 1901
Großwandeck (2402m): 1. Ersteigung des Großwandecks (Gosaukamm) über den Südostgrat, Hohes Großwandeck-Südostgrat - "Jahn-Pchl-Führe" teilweise neuer Anstieg mit erster Gipfelüberschreitung, Gustav Jahn und Ing. Eduard Pichl am 26.Mai 1901
Mandlkogel bzw. Glatscherofenkogel (Gosaukamm)
Im Bild der Gosausee mit dem Dachstein, eine Aufnahme um 1900. Das Gosautal ist das einzige Tal, das weiter in das Dachsteingebirge einschneidet. Der Ort Gosau selbst liegt in einem ca. 750 m hohen Becken, das im Westen von den drohenden Zacken der Donnerkogeln und der Gosauseespitzen abgeschlossen und in einem großen Bogen von den niederen Waldhöhen der Zwieselalm umrahmt wird. Eine tiefe Senke, der Pass Gschütt (971 m) trennt letztere von dem nördlich anschließenden Ramsaugebirge und vermittelt die Verbindung mit dem weiten Abtenauer Tal. Der obere Teil des Tages verengt sich wieder und birgt in seinen Schoß die herrlichen Gosauseen. Seine südliche Begrenzung bildet der hohe Zackenkamm des Gosauer Steins; im Hintergrund aber thront, umgeben von mächtigen Berggestalten, das eisumlagerte Felsenschloß des Dachsteins." So beschrieb Alfred Radio-Radiis 1922 in seinem Dachsteinführer Gosau und seine herrlichen Wandermöglichkeiten. Nach wie vor ist der Dachstein gemeinsam mit dem Glockner der bekannteste Berg in Österreich und die Berge des Salzkammergutes haben nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.
An der Manndlkogel-N-Wand starb Paul Preuß am 5.10.1913 durch Absturz (Geboren wurde er am 19.8.1886 in Altaussee) Preuß führte viele Erst-begehungen aus, u. a. Preuß-Riß an der Kleinen Zinne, Grohmannspitze-SO-Wand, Guglia di Brenta u.v.a. Insgesamt erstieg Preuß etwa 1.200 Gipfel.
Paul Preuß war ein begnadeter Bergsteiger und gilt als "Vater des stilreinen Kletterns". Er war Mitglied der Sektion Bayerland in München. Seine kühnste Erstbegehung war vielleicht die Ostwand der Guglia di Brenta im Jahre 1911. Auch durch Ski-Ersteigungen ist Preuß bekannt geworden. Er bestieg 1912 die Dreiherrenspitze und 1913 den Gran Paradiso.
OT: Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.29 (1903) Nr. 4 Seite 45
RAX - Erstbegehung des Malersteiges am 12. April 1901 - Namensgebung durch die Erstbegeher, die beiden Maler Gustav Jahn und Otto Barth.
1. Durchkletterung der Königsschußwand (Gebirgsfreund 1901, S64, Beneschs Raxführer, 2. Aufl.)
Der Malersteig (II bis III) : Eine leichte und landschaftlich sehr schöne Klettertour auf die Preinerwand (1.783 m). In einer raffinierten Linienführung überwindet der Malersteig das mit großen Überhängen ins Kar abbrechende Plattendach. Die Absicherung der Tour mit Bohrhaken ist zwar sehr spärlich, die Schwierigkeiten bleiben aber meist um II, nur wenige Stellen sind schwerer ( III -). Die Routenbezeichnung leitet sich von der Profession der Erstbegeher Gustav Jahn und Otto Barth ab (von letzterem stammt das bekannte Gemälde "Morgengebet der Kalser Bergführer am Großglockner").
Fotos (v.l.n.r.): Meister Jahn bei seiner Lieblingsbeschäftigung, dem "Felsschmeicheln", (mitte) "Am Malersteig auf der Rax - Amateuraufnahme von Otto Jahn (Bruder), (rechts) Ein Gemälde von Bruno Hess, welches den Malersteig im Winter darstellt.
(Gebirgsfreund 1901, S64, Beneschs Raxführer, 2. Aufl.), sowie Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.29 (1903) Nr. 4 Seite 46
1902
Gesäuse - Ennstaler Alpen Gr. Buchstein, Dachstein, Zillertal, Rosengarten, Karnische Alpen- Kellerwand (Westgrat), Wilder Kaiser, Neu: Gr. Buchstein (Neuer Anstieg aus dem Hinterwinkel); Steigelkogel-Armkarwand (Abstieg Westgrat, 1. Begehung - 1. Üb.) - schwingerzipf (1. Erst. - 1. Überschr.), Hochkesselkopf (1. Erst. über die Ostwand, 1. Üb.) - Eiskarspitze; Armkarwand-Großwand (1. Begehung des Verbindungsgrates); Hoher Dachstein (Üb.) - Mitterspitze (Üb. und 2. Begehung des Ostgrates, 1. Ausstieg), Weißzint (aus dem Schlegeisgrund, Ostgrat)- Hochseiler (1. Führerlose Begehung des Verbindungsgrates); Kollingkofel-Kellerwand (Üb. Abstieg Westgrat, 1. Begehung)
Gr. Buchstein (2.224 m), Ennstaler Alpen - Neuer Anstieg aus dem Hinterwinkel am 29. Mai 1902
Ing. Eduard Pichl, Edmund Gütl, Otto Barth, Gustav Jahn, L.Kadrnozka, Eduard Kubelka, Camillo Opel, F. Panzer, Dr. Th. Panzer und V. Schwenk.
Von Gstatterboden auf dem Tamischbachturmweg bis hinter den Weißenbachgraben, dann auf dem schönen, nach links abzweigenden Waldsträßchen in den Hinterwinkel. Zwischen dem von Dr. Pfannl und Maischberger zuerst begangenen zerbenbewachsenen Grat und dem von
Gams und mir zuerst erkletterten Ostsüdostgrat zieht von der tiefsten Einschartung im Buchsteinplateaurand eine steile, jetzt schneeerfüllte Rinne herunter, die wir zum Aufstieg ausersehen hatten. Über die großen Schneehalden aufwärts zum Beginne der Rinne.
Zur größten Überraschung gewahrten wir in dem untersten Felsabsatze eingelassene Eisenstifte, welche später wieder an der linken Seite der Rinne auftauchten und schließlich die Schlucht nach links hinaus verließen. * Wir benützten die Stifte im untersten Absatze, stiegen hierauf ein Stück in der steilen, jetzt mit tiefem weichem Schnee erfüllten Rinne empor, umgingen das obere Stück der Rinne ziemlich schwierig in den Felsen rechts (zuerst gerade aufwärts aufkletternd, dann links über eine rauhe Platte querend) und
erreichten die Felsen des zweiten Absatzes. Etwas empor und schwierig von einem mit zwei Blöcken verkeilten Spalt nach links und wieder in die Rinne hinein. In ihr aufwärts zum letzten Absatze, von dem eine jähe Rinne zum Ausstieg führt. Über eine brüchige Wandstufe in die vereiste Ausstiegsrinl!e und nun in ihr oder leichter in den guten Felsen rechts zur Ausstiegsscharte. Den Abstieg nahmen wir durchs Rohr. Eine Überschreitung des Gr. Buchsteins mit diesem Aufstiege ist zur Sommerszeit jedem geübteren Bergsteiger sehr zu empfehlen; die Großartigkeit des noch so wenig bekannten Hinterwinkels entschädigt reichlich für den Schinder über die Schutt- und Schneehalden unterhalb des Einstieges in die Schlucht. (* Die Eisenstifte sollen durch den Führer B. Zettelmaier für Jagdzwecke angebracht worden sein.)
Ing. Eduard Pichl, Wien (ÖAZ 1902, S170)
DACHSTEINGRUPPE
Armkarwand (zirka 2300 m) - Bischofsmütze (2454m). 1. Begehung des Verbindungsgrates,
1. Ersteigung des Schwingerzipfes, am 9. Juli 1902.
Wir verließen die bei den Ersteigern der Dachstein-Südwände so beliebt gewordene Bachleralm um 3 h früh, wanderten über den Sulzenhals, das Eiskar und Rinderfeld auf den Kramersattel (I957m) und erstiegen von hier aus, dem Grate nach Westen folgend, den Stei gelkogel, einen ebenso leicht zu erreichenden als aussichtsreichen Gipfel.
Unschwierig nach Norden hinab, einige Schneefelder querend, überschritten wir kurz hernach den Einschnitt des Steigelpasses und stiegen über den wahrscheinlich sonst üblichen Weg auf die Armkarwand (zirka 2300m), 9h 30m. Der Anblick der überaus nahegerückten, steil aufbauenden Bischofsmütze ist von hier aus überwältigend; die Aussicht im allgemeinen gleicht jener der übrigen Gosauer Berge.
Nach halbstündiger Rast stiegen wir an der Westseite ab. Zwei Scharten, dazwischen der noch unbetretene Schwingerzipf, trennten uns vom Massiv der Bischofsmütze. Unser Trachten war demnach, in die westliche der bei den Scharten zu kommen; von dort aus hofften wir über Bänder und eine schon vom Tale aus sichtbare Terrasse die Schlucht und somit den gewöhnliehen Weg auf die beiden Mützen
zu erreichen. Nach 20 Minuten standen wir in der Scharte vor dem Schwingerzipf; wir hatten Schwierigkeiten erwartet, aber keine angetroffen. Nun machten wir uns an die Ersteigung des abenteuerlich geformten Berges. Zunächst ein Stück über den Grat, dann unter Überhängen nach links auf eine Rippe und ausgesetzt über diese bis vor einen entgegenstehenden Felszahn, welchen wir links umgingen. Ein knrzer Quergang knapp unter dem Gipfelturme nach rechts, und wir standen an dessen Ostkante. Hierauf in Kletterschuhen etwa 15 Meter äußerst schwierig gerade hinauf zur Spitze (IIh 30m-IIh 40m). Gegen Norden versteckt ist ein wenig ausgeprägter Riß eingesprengt, der nach Überwindung eines brüchigen Überhanges einen ebenfalls sehr schweren Abstieg gestattete. Nun über das um den Gipfelzacken führende Felsband an den Westgrat und über diesen weiter bis zu seinem Abbruche in die Scharte vor der Großen Bischofsmütze. Das Hinabkommen gelang ohne Abseilen (der Letzte benützte Kletterschuhe), 12 h 30m. Hierauf über äußerst brüchige~ Gestein ausgesetzt gegen die von der Scharte abstreichende Schlucht, schräg links auf die Bänder und somit auf die Terrasse, welche uns ohne Schwierigkeit in die Schlucht, ungefähr 60 Meter unter der Scharte zwischen den bei den Mützen brachte. Eine Seillänge steiler Schnee, und der Einstieg zur Kleinen Bischofsmütze war erreicht. 1 h 30 m - 2 b. Gipfel 2h 45m. Große Bischofsmütze 4h 50m-5b, Filzmoos 8h.
Lohnende Tagestur von der neuerbauten Hofpürgelhütte der Sektion Linz aus.
Otto Barth, Gustav Jahn, Wien.
16. August 1902
Hochkesselkopf (245Im). 1. Ersteigung von Osten, 1. Überschreitung. Am 16. August 1902 standen wir nach Überschreitung der Windlegerscharte um 7h 45 m am Fuße des Südgrates unseres Berges. Die direkte Ersteigung desselben macht der unterste senkrechte Abbruch unmöglich. Etwa 30 Meter an der Ostwand querend, erreichten wir ein steil hinanziehendes, teilweise mit Gras bewachsenes Band, dem wir bis zu einem geräumigen Schuttfleck in freier Wand folgten. Von hier weg gerade los gegen einen schon von unten sichtbaren, schief stehenden Felszahn; hinter diesem durch und über immer leichter werdende Felsen zum Gipfel (9b). Sehr ausgesetzte Kletterei. Der Abstieg erfolgte über den Nordgrat, dessen mächtigen Überhang wir durch tiefes Absteigen an der Westseite umgingen. Weiters über die Schneide auf die Schneefelder an der Ostseite und nach Ersteigung der Eiskarlspitze über die Windlegerscharte zurück zur Bachleralm (5h).
Hanns Barth, Gustav Jahn, Camillo Opel, Wien.
(Ö.A.Z. 1902, S.254/255; D.A.Z. II, Heft 16; Mitteilungen der Akad. S. Wien 1903, S. 8 und 11. sowie Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 29 - 1903)
18. August 1902
Mitterspitze (2926m). H. Begehung des Ostgrates, 1. Aufstieg. 18. August 1902. Nach Ersteigung des Hohen Dachsteins überschritten wir (I1 h 30m) die Obere Windlücke und folgten dem fast eben hinzie~den, edelgeformten Grat direkt über die Schneide bis zur ersten breit aufbauenden Steilstufe. Nun schräg rechts gegen einen rinnenartig vertieften Einriß in der Wand und über ein schönes Band auf die Kante nördlich von dieser. Eine schwierige Platte direkt überkletternd, erreichten wir gut gangbare Schrofen, die uns in wenigen Minuten zur Spitze brachten, 12 h 50m. Neuschnee und Vereisung erschwerten die Kletterei, welche unter normalen Verhältnissen kaum
mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen dürfte.
Gustav Jahn, Otto Jahn, Camillo Opel, Wien.
Hoher Dachstein. II. Durchkletterung der Südwand am 20. August 1902.
Ab Bachleralm 2h 30m früh. In herrlicher Mondnacht auf den Marboden. Mit Anbruch des Tages Trübung und Nebel dunkelster Färbung in den Wänden. 6h beim Einstiege. Dank den knapp an uns vorbeisausenden Steingeschossen schon kurze Zeit darauf in Kletterschuhen weiter. Die Ersteigung des Schluchtabbruches nahm eine Stunde in Anspruch; über die folgende Rippe hingegen war das Fortkommen wieder ein
rascheres, bis plötzlich einfallender Nebel zu längerer unfreiwilliger Rast zwang. Einstündiges, vergebliches Warten. Dann über steiler werdende Felsen gegen die wasserüberronnene, von zwei Kaminen durchzogene Hauptwand. Wir wählten hier, wie dies Pichl und Genossen taten, den weniger nassen Kamin rechterhand. (Es ist dies die einzige Stelle, die für den Vorkletternden ein Zurücklassen des Rucksackes notwendig erscheinen läßt). Große Feuchtigkeit der Felsen und immer häufiger werdende Flecken neuen Schnees machten die weitere Kletterei zu einer sehr schwierigen; das Auffinden des Weges bei einer Fernsicht von kaum 15 Metern erleichterte die in ihrem letzten Teile sehr genaue Beschreibung der ersten Ersteiger. Knapp vor dem Ausstiege kletterten wir durch einen gut gestuften Riß ganz unter den Überhang und querten auf schönem Bande zum Ostgrat, den wir ohne Schwierigkeit etwa 8 Meter höher als Pichl erreichten (I2b). Der gefährliche Schwung um die Gratkante blieb somit erspart. Nach einstündiger Rast kletterten wir in 15 Minuten auf den Gipfel und stiegen nach kurzem Aufenthalte zum Hallstättergletscher ab. Bei heranziehendem Gewitter zur Hunerscharte, wo uns das hier plötzlich losbrechende Unwetter über eine Stunde gefangen hielt. Bei ununterbrochen wolkenbruchartigem Regen zurück zur Bachleralm (5 h 50m).
Gustav Jahn, Otto Jahn, Camillo Opel, Wien.
Sieben Jahre später gelang der erste Duchstieg der direkten Besteigung der Südwand.
2009 jährte sich die Erstbegehung der Dachstein Südwand zum 100. Mal.
Die Brüder Franz und Georg Steiner wagten am 22. September 1909 den Aufstieg durch die, als unbezwingbar geltende Südwand.
Seither nennt sich dieser Weg "Steinerweg" oder "Himmelsleiter der Steinerbuam".
22. August 1902
Armkarwand (2300m) - Großwand (2412m) - 1. Begehung des Verbindungsgrates.
Wir verließen die gastliche Hofalpe am 22. August 1902 um 4 h 40m früh und bummelten auf neuangelegtem Wege zur Höhe des Steigelpasses, wo wir fast eine Stunde vergebens auf Besserung des Wetters warteten.
Um uns einigermaßen zu erwärmen, erstiegen wir dann die Armkarwand und sahen, als der Nebel plötzlich aufriß, auf einen wildzerrissenen, zur Großwand hinziehenden Grat hinab. Rasch entschlossen wir uns, den Übergang zu versuchen. Um 8 h brachen wir auf. Der Schneide nach Norden folgend, standen wir bald vor dem ersten nur wenige Meter hohen Abbruch; wir überkletterten ihn an seiner
Kante (der Letzte mit menschlichem Steigbaum). Weiters über brüchige Felsen zu zwei nebeneinander stehenden Türmen; der östliche der b~iden steht im Verbindungsgrat und ist leicht zu ersteigen. In die Scharte vor den gigantischen Felstürmen in der Gratfortsetzung gelangten wir durch Absteigen an der Ostseite und einen leichten Quergang über ein schuttbedecktes Band. Die nun folgenden äußerst dünnwandigen Zacken umgingen wir auf schmalen Bändern an der Westseite, worauf wir leicht die tiefste Scharte zwischen Armkarwand und Großwand erreichten (Steinmann). Ohne Schwierigkeit dem nun weniger scharfen Grat folgend, einen unvermutet entgegentretenden, senkrechten Absatz direkt überkletternd, kamen wir an der links weit überhangenden Schneide bis vor einen nicht zu überkletternden, mehr als 30 Meter hohen Abbruch. Leicht nach Ost hinab und über ein Band sehr schwierig in die von der Scharte herabziehende Schlucht. Nun steil über grasdurchsetzten Fels auf den Kamm und über diesen fort auf die Großwand (I1h 15m-12h).
Der Abstieg erfolgte durch die von der Scharte zwischen der Großwand und dem Niederen Großwandeck herabziehende, schneeerfüllte Schlucht in das Armkar. (Schwierige, nicht zu empfehlende Abfahrt!) Unter den Wänden querend erreichten wir den Steigelpaß um Ih 15m, Mandling 5h 30m.
Gustav Jahn, Camillo Opel, Wien.
25. August 1902 - Originalbericht: Ennstaler Alpen -
Hochtor über die Nordwand
H. direkter Ausstieg zum Gipfel und Gratübergang zum Großen Ödstein. 25. August 1902.
Ab Wirtshaus "Johnsbach-Eingang" 2 h früh. Bei klarem Mondlicht im Bummeltempo durch das Haindlkar zum Einstieg der Hochtor-Nordwand (Sh 15m-5h 45m). Meist gleichzeitig kletternd, war das Vorwärtskommen ein sehr rasches, denn schon um 9 h betraten wir die Gipfelschlucht. Wir beschlossen hier den voriges Jahr von den Herren Dr. Pfannl, Krempel, Kleinhans und Zimmer durchgeführten direkten Ausstieg zum Hauptgipfel zu wiederholen. Der von uns eingeschlagene Weg dürfte sich im wesentlichen mit dem der ersten Ersteiger decken; hier die darauf bezüglichen Angaben: In der Schlucht aufwärts bis zum ersten Absatze; knapp unter diesem rechts hinaus und über ein plattiges Band auf leichte Felsen, die an einem kleinen Sattel vor der steil aufstrebenden Gipfelwand plötzlich enden. Nun einige Seillängen in gleicher Richtung unter zunehmenden Schwierigkeiten weiter, dann scharf links gegen einen von der vom Gipfel kommenden Gratschneide gebildeten Überhang. (Hier
war der Vorkletternde gezwungen, die schon abgelegten Kletterschuhe neuerdings hervorzuholen.) Ein
gefährlicher Schritt und gerade aufwärts in freier Wand zu einem schon vom Sattel aus sichtbaren,
blockgesperrten Kamin; durch diesen hinauf und über leichte Felsen weiter direkt zum Steinmanne auf
dem Hochtorgipfel (lOh 30m).
Diese Ausstiegsvariante bildet keinesfalls eine Abkürzung, dürfte aber solchen, die von den Schwierigkeiten der Hochtor-Nordwand mehr erwartet haben sollten, gewiß Entschädigung bieten. Uns hatten die letzten 100 Meter einen Zeitverlust von einer Stunde gekostet und da wir noch
den Gratübergang zum Ödstein vorhatten, war uns dies nicht angenehm. Die Rast auf dem Gipfel fiel
demnach trotz herrlicher Aussicht (man konnte mit freiem Auge die Pallavicinirinne am Glockner wahrnehmen) entsprechend kurz aus, denn 30 Minuten später ging es bereits im Laufschritt dem Festkogel
entgegen. Gipfel desselben 12h 5 m- 12h 25 m. In rasch abnehmender Schnelligkeit auf den Ödstein
2h 30m-3h. Der Abstieg erfolgte über den Gamssteinsattel. (Der weitaus kürzere und leichtere Weg über den Kirchigrat war uns leider nicht bekannt). "Johnsbach-Eingang" 8h abends.
Gustav Jahn, Camillo Opel, Wien
Kellerwand (2775 m) - Karnische Alpen (Karnische Hauptkette)
1. Begehung des Westgrates am 10. September 1902 durch Gustav Jahn und Ing. Ferdinand Langsteiner, beide aus Wien.
Die Karnischen Alpen sind eine Gebirgsgruppe der Südlichen Kalkalpen. Sie liegen auf der Grenze zwischen Österreich (Osttirol, Kärnten) und Italien (Südtirol, Belluno, Friaul (mit der Provinz Udine)).
ORIGINALTEXT: Die Lösung dieses schon sehr alten Problems gelang uns am 10. September d.J. Pleckenhaus ab 3h Früh. Kollinkofel 7 h 25m - 8h 5m. Kellerwand 8h 55m-9h. In wenigen Minuten auf den Westgipfel der Kellerwand. Von hier westlich zwischen großen Blöcken durch Schutt hinab. Knapp über dem Abbruche rechts in plattigen Felsen zu einem wenige Meter hohen Kamin. Durch diesen und über die folgende Wand zur ersten Gratscharte vor einem mächtigen Turme. bis hierher nicht sonderlich schwierig. Hier verbanden wir uns durch das Seil. Der Turm wird an seiner rechten, sehr brüchigen Kante und über ein darauffolgendes Band sehr schwierig und exponiert erklettert.
Von der Höhe des Turmes über Schrofen und Schutt in eine südlich vom Hauptgrat gelegene Scharte und weiter durch eine steile Schuttrinne in eine Schlucht. Einige Schritte in dieser empor und knapp unter der Grathöhe nach links aufwärts querend zu einem auffallenden gelben Fleck im Südgrate des schon von der Kellerwand aus sichtbaren, mächtig aufbauenden Turmes, der den weiteren Verlauf des Grates deckt. Nun südlich hinab zu einem großen Rasenfleck, hinter einem Blocke durch und jenseits die steilen, im Bogen stehenden Wände horizontal querend, zuerst knapp unter eine riesige Höhle im Hauptgrat und dann weiter auf die nächste, südlich streichende Gratrippe.
Jetzt in der Westflanke derselben sehr steil in plattigem Gestein unter zunehmenden Schwierigkeiten die letzten zwei Meter bewältigten wir durch Sprung - schräg nach rechts hinab zu einer kurzen Schuttrinne, über der sich ein überhangender, augenscheinlich sehr schwieriger Kamin befindet, durch den allenfalls schon hier der Hauptgrat erreicht werden könnte. Von hier auf äußerst brüchigem Rande etwas ansteigend auf die folgende Gratrippe und hinter derselben aufwärts auf den Hauptgrat. Jetzt uns streng an den Grat haltend in die nächste Scharte vor einem lotrecht abfallenden Turme. Mittels kleiner, jedoch guter Griffe und Tritte zu einem Standplatz empor und weiter nach rechts aufwärts kletternd und schließlich durch einen Spalt auf die Höhe des Turmes. (Alles sehr schwierig und exponiert.) Der nun folgende Abbruch wird links umgangen. Zuerst südlich, dann westlich in steilen plattigen Felsen bis einige Meter über der Schartenhöhe hinab, dann mit Benützung von minimalsten Griffen und Tritten bedenkliche Traverse zum Grat hin und weiter in die nächste Scharte.
Der nun folgende Gratturm wird an seiner vorderen lotrechten Kante bewältigt. Von seiner Höhe leitet eine scharfe Schneide zur nächsten Scharte, in die der letzte Turm abbricht. Von vorne auf dessen Höhe, dann auf dem Grate fort bis zum lotrechten Abbruch. Über diesen direkt sehr schwierig auf die tiefste Einschartung zwischen Kellerwand und Monte Coglians hinab. (Der unten befindliche Überhang von fünf Meter wurde durch Abseilen bewältigt). 12 h 35 m. Wir bauten hier einen Steinmann und hinterlegten in ihm unsere Karten. Der Westgrat zeigt sich von hier aus gesehen in einer geradezu abschreckenden Form. Bei seinem Anblicke mußten wir uns sagen, daß wir ihn im Aufstiege wohl kaum angegangen hätten. Die Tur, die in ihrem ganzen Verlaufe großartige Szenerien bietet, weist viele sehr schwierige Stellen auf, ist durchwegs stark ausgesetzt und erfordert wegen des zeitweise sehr schlechten Gesteins die peinlichste Vorsicht. Von der Kellerwand bis in die tiefste Scharte benötigten wir 3 Stunden 35 Minuten, wobei wir ununterbrochen, ohne auch nur einmal zu rasten und wo es nur halbwegs anging gleichzeitig kletterten. Das Terrain weiter zum Monte Coglians schien uns von hier aus gut gangbar. (Bis hierher soll auch, vom Monte Coglians kommend, der Führer Hanns Kofler im Jahre 1895 vorgedrungen sein.) Um 12 h 55 m verließen wir die Scharte, um uns einen Abstieg durch die uns gänzlich unbekannten, sehr steil in den Cianevate abfallenden Wände zu suchen. (Da uns ein solcher Abstieg noch nicht bekannt war, unterließen wir auch das Experiment, weiter zum Monte Coglians vorzudringen.) Vorerst querten wir, auf der Südseite scharf ansteigend, eine weite Strecke hin westlich (das Gestein wird hierbei immer besser, ideale Kletterei, schwierig), um dann, immer in der Fall-Linie absteigend (zwei lotrechte Kamine), auf ein breites plattiges Band zu gelangen. Über dieses nach rechts auf den Schutt des Kares, 1 h 30m. (Von hier ließe sich augenscheinlich mit wenigen Schwierigkeiten gleichfalls ein Aufstieg zum Monte Coglians bewerkstelligen.) Das großartige Kar über Schnee, Schutt und Blöcke südlich verfolgend, gelangten wir bald auf felsdurchsetzten Rasen, der einen leichten Abstieg zur Casera Monuments gestattete. Abends 6 h langten wir wieder im Pleckenhause an.
(Ö.A.Z. 1902, S. 242; 1903, Nr. 642 u. 643; D.A.Z. II, Heft 15 u. 16; Hochtourist, 3. Aufl. III, S. 225; Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.29 (1903) Nr. 23 Seite 281)
1903
Geierkogel (Sk.), Triebenstein (Sk.) Gr. Hengst (Sk.) , Kl. Ruben (Sk.), Hochschwab (W), Tamischbachturm (N-Wand), Kl. Buchstein (Üb. O.-N. und W.-N.), Torstein (Windlegergrat) - Windlegerscharte, Torstein (S-Wand) - MItterspitze (Üb. O-Grat, 3. Begehung) - Hoher Dachstein (Üb.), Nied.Kreuz (durch die Eisrinne der O.Wand) - Hoh.Kreuz (Üb., II Begehung des S-Grates) - Wallnerköpfel (Üb.) - Nied. Dachstein (Üb., 1. Begehung des N-Grates, 2. Begehung des S-Grates, 1. dirketer Abstieg zur Technikeralpenklubscharte) - Hoh. Dachstein (2. Begehung des N-Grates, 1. Begehung des ganzen Grates) - Windlegerschrte, Gr. Bischofsmütze (1.Ersteigung der SÜdwand und 1. Überschreitung.) - Kleine BischofsmÜtze (beide Gipfel), Nied. Großwandeck - Großwand - Armkarwand (2. Üb. nach W.) - Schwingerzipf (2. Erst.), Totelköpfel (Üb. O.-W.) - Reichenstein (Üb. O.-W.) - Sparafeld (O.Grat) - Kalbling - Riffel - Kreuzkogel (1. zusammenhängende Üb. sämtlicher Reuchensteingipfel), Goldkappel (W.-Grat, Üb.) - Fleckingerturm (Üb.) - MÜhlsteigerturm (Üb.) - Schneekarspitze (Üb.) - Sandesjochspitze (Üb.) - Tribulaun, Hoh. Zant - Weißwandspitze - Magdeburgscharte - Rote Gratscharte - Freigerscharte - Becher, Sonklarscharte, Hochjoch - Weißkugel - Inn. Quellenspitze (N-Grat), Hoher Angelus (Üb.) - Vertainspitze (Üb.) - Schildspitze (Üb.) - Plattenspitze (Üb.) - Inn. Pederspitze (Üb.) - Hint. Schöntaufspitze (Üb.) - Madritschspitze (Üb.) -Butzenspitze (Üb.) - Eissespitze (Üb., 2., 1. fÜhrerlose Überschreitung des ganzen Grates), Ortler (Martlgrat, Abst. Hochjochgrat, 1. Üb. von N.-O. nach S.-W.), Gr. Eiskögle - Thurnwiserspitze, Zebru (Üb.: NW.-SO.) - Königsspitze (Üb.: NW.-SO.) - Kreilspitze (Üb.) - Schröterhorn(Üb.) - Suldenspitze (Üb.), Pass Sforzelina, Cima Brenta alta - Cima brenta bassa, Guglia di Brenta (VII. Besteigung), Cima Margeritha - Cima Tosa (1. Ersteigung Über den S.Grat - Crozzon - Cima Tosa, Huderbankspitze, Hochturm (Üb.) - Kesselkargrat (Üb.) - Hexenturm (Üb.) - Natterriegel (Üb.) - Hexenturm (Üb.) - Kesselkargrat (Üb.) - Hochturm (Üb., W-Grat im Abstieg 1. Begehung) - Kreuzmauer (Üb.) - Kl. Scheiblingstein (Üb.) - Pyhrgas (Üb.), Gr. Ödstein (von N. Pichls Weg) - Festkogel - Hochtor, Planspitze - Roßkuppe - Hochtor, Stuhleck - Preuthalpe (Sk.), Drahtekogel (Sk.), Schituren (Skitouren),
Gesäuse (Hallermauerngrat Natterriegel-Pyrgas, dabei die Westwand der Hochturmes zum ersten mal im Abstieg, Dachstein, Stubaier, Ortler, Brenta - Neu: Niederes Kreuz (durch die Eisrinne der Ostwand) -Hohes Kreuz (Üb. 2. Begehung des Südgrates9-Wallnerköpfel (Üb.)-Niederer Dachstein (Üb. 1. Begehung des Nordgrates, 2. Begehung des Südgrates, 1. unmittelbarer Abstieg zu T.U.E. Scharte)-Hoher Dachstein (2. Begehung des Nordgrates, 1. Begehung des ganzes Grates)-Windlegerscharte; Gr. Bischofsmütze (1. Ersteigung der südwand, 1. Üb.) - Kl. Bischofsmütze; Totenköpfel-Reichenstein-Sparafeld-Kalbling-Riffel-Kreuzkofel (1. zusammenhängende Überschreitung aller Gipfel des Reichensteinstockes), Madritschspitze (Üb.) - Butzenspitze (Üb.)-Eisseespitze (Üb. - 1. führerlose Üb. des ganzen Grates), Ortler (Martlgrat, Abstieg Hochjochgrat, 1. Üb. von Nordost nach Südwest); cima Tos (1. Erst. über den Südgrat) - Crozzon - Cima Tosa
Große Bischofsmütze 2458m - am 05.07.1903 - Gustav Jahn & Otto Laubheimer
1. Ersteigung Große Bischofsmütze Südwand "Jahnweg" von Gustav Jahn und Otto Laubheimer
1. Überschreitung Kleine Bischofsmütze - Große Bischofsmütze
1. Ersteigung der Südwand und 1. Überschreitung Kleine Bischofsmütze (beide Gipfel)
Gustav Jahn & Otto Laubheimer wählten für die 1. Ersteigung der Südwand der Großen Bischofsmütze eine neue Route, die später "JAHNWEG" benannt wurde.
Die Große Bischofsmütze ist mit einer Höhe von 2458 m ü. A. der höchste Gipfel im Gosaukamm. Gemeinsam mit der Kleinen Bischofsmütze (2430 m ü. A.) bildet sie einen markanten Doppelgipfel, der dem Gosaukamm frei entragt. Die Bischofsmützen sind durch die Mützenschlucht voneinander getrennt und liegen im Gemeindegebiet von Filzmoos.
Das bekannte Wahrzeichen verlor bei einem massiven Bergsturz am 22. September 1993 einen 200 m hohen Pfeiler und damit sehr viel von seiner markanten Erscheinung (siehe Bildvergleich). Seither kommt es immer wieder zu Felsstürzen wie 1999 und 2001.
Da viele (zum Teil mit Bohrhaken versehene) Kletterrouten auf die Bischofsmütze führen, wird sie sehr von Kletterern geschätzt. Vor den Felsstürzen führten etwa 30 Routen auf den Gipfel, nun sind es 15. Als nahegelegener Ausgangspunkt dient hierbei die Hopfürglhütte.
"Als freistehender und kühner Gipfel entragt sie stolz dem südwestlichen Nebenast des Hauptkammes (des Gosaukammes). Sie ist auch heute noch der begehrteste Gipfel, auch der höchste. Sie galt lange als unbezwingbar. Die ersten Menschen, die auf diesen Gipfel kletterten, waren Johann Schrempf, besser bekannt unter dem Namen Auhäusler, und Johann Steiner, vulgo Weber; zwei Männer, die auch in der Geschichte der Dachstein-Südwand eine Hauptrolle gespielt haben. Auhäusler war ein Löffelmacher, Dachstein-Bergführer und Wirt; Steiner ein im ganzen Salzkammergut bekannter Bergführer - und Vater der legendären Steiner-Buam. Der Steinerweg in der Dachstein-Südwand, den Franz und Georg (Irg) Steiner 1909 fanden, gilt als einer der schönsten Anstiege in den Ostalpen." (Rudolf Lehr)
Und Alfred Steiner, der leider so früh verstorbene Gatte der heutigen (und langjährigen) Hüttenwirtin Kathi Steiner, war einer der zahlreichen Nachkommen der Steiner-Buam. Vater Steiner und der Auhäusler standen am 28. Juni 1879 auf dem Gipfel der Großen Bischofsmütze; denn die "Mütze" hat ja eine etwas kleinere Schwester. Die beiden haben dabei nicht nur den Berg, sonder auch Bergsteiger überlisten müssen; denn es gab einen Wettlauf um die Erstbesteigung:
Markgraf von Palavicini (ein Name, der den Bergsteigern durch die Palavicini-Rinne auf dem Großglockner, anderen durch ein sehr bekanntes Palais in Wien geläufig sein wird) hatte aus Cortina d'Ampezzo die besten Dolomitenführer mitgebracht. Während der Graf auf der Kleinen Bischofsmütze herumkraxelte, stiegen die beiden Ramsauer Bergführer auf die Große. Als Einheimische hatten sie den "Heimvorteil" ausgenützt! Über den Gipfelsieg brach riesiger Jubel aus, der mit dem Fußballfieber und Skifahrertaumel unserer Tage vergleichbar ist. Denn für den Ruhm, diesen abschreckenden Berg als Erste erobert zu haben, hatten zuvor viele ihr Leben lassen müssen.
Fast siebzig Jahre dauerte es, bis jede Wand der Großen Bischofsmütze erobert war. Sämtliche Wandabstürze mit den dazwischen aufstrebenden Kanten erhielten eine Fülle hervorragender Kletterfahrten aller Schwierigkeitsgrade, wobei die Anstiege über die Südwand besonders geschätzt waren. Leider ist von diesen nur noch der Jahn-Weg übrig geblieben; östlich davon liegen alle Anstiege als Folge der Bergstürze von 1993 und 1999 im Kar.
Die von End und Dubovy 1948 eröffnete Direkte Nordwand stellt hingegen die gewaltigste und eindrucksvollste Felsfahrt des gesamten Gosaukammes noch heute dar. An die dreißig selbständige Anstiege führten bis zu den Felsstürzen auf die Große Bischofsmütze, etwa 15 fielen hinunter. Den aussichtsreichen Gipfel schmückt ein mächtiges, weithin sichtbares Gipfelkreuz. Die Mützen, insbesondere die Kleine, gelten als schwierig zu ersteigende Gipfel, erfordert allein schon der "Normalweg" auf die Große mäßig schwierige Kletterei.
Die steilwandige Kleine Bischofsmütze erhebt sich westlich der Großen, von dieser durch die schmale Mützenscharte getrennt. Die Erstersteigung glückte dem Markgrafen Palavicini am Seil der berühmten Dolomitenführer Siorpaes und Dimai, am 16. Juni 1879, zwölf Tage vor dem Gipfelsieg der Ramsauer über die Große. Obwohl die Kleine eine Anzahl schöner Kletterrouten in meist gutem Fels aufweist, so steht sie doch im "Schatten" der großen Schwester, was die Attraktivität und Besteigungszahlen betrifft. Doch die viel gelobte "Bergeinsamkeit" hat auch heute (noch oder wieder) ihre Anhänger. Der mühsame, nicht markierte Zustieg zur Südschlucht wurde im Frühsommer 1996 neu trassiert, die Schlucht selbst 1998 mit Bohrhaken versehen: Schwierigkeitsgrad III.
ORTLER über den MARTLGRAT am 5. August 1903 durch Gustav Jahn, Otto Laubheimer
1903 Durchsteigung ORTLER über den MARTLGRAT
Ortler
(Martlgrat, Abst. Hochjochgrat, 1. Üb. von N.-O. nach S.-W.), Gr. Eiskögle - Thurnwiserspitze, Zebru (Üb.: NW.-SO.) - Königsspitze (Üb.: NW.-SO.) - Kreilspitze (Üb.) - Schröterhorn(Üb.) - Suldenspitze (Üb.)
Abb.: eine Zeichnung die Gustav Jahn wohl anlässlich der Ersteigung 1903 entworfen hatte - der Martlgrat ist ganz links im Bild erkennbar.
Guglia di Brenta (2.883 M) - Campanile Basso
Die siebente Ersteigung mit der ersten bekannten Damentour erfolgte am 11. August 1903 durch Gustav Jahn und Otto Laubheimer, gemeinschaftlich mit Josef Ostler aus Kufstein und Frau Vineta Mayer aus Wien.
Fotos: Giuglia di Brenta - Aufnahmen um 1900
Die siebente Ersteigung mit der ersten bekannten Damentour erfolgte am 11. August 1903 durch Gustav Jahn und Otto Laubheimer, gemeinschaftlich mit Josef Ostler aus Kufstein und Frau Vineta Mayer aus Wien
Die bizarrste Felsnadel der Alpen - Die Erstbesteigung erfolgte am 18. August 1899 durch die beiden Innsbrucker Otto Ampferer und Karl Berger, Pfann und Leberle folgten 1900). am 11. August 1903 stehen Jahn und Gefährten am Gipfel dieser bizarren Formation.
Oft und insbesondere im deutschen Sprachraum auch Guglia di Brenta (ital. "guglia": Nadel) genannt, ist eine steil aufragende Felsspitze des zentralen Brenta-Massivs. Er liegt im Verbindungskamm zwischen Cima Brenta Alta (2.960 m s.l.m.) und Torre di Brenta (3.014 m s.l.m.), getrennt durch die beiden Scharten Bocchetta di Campanile Alto im Norden und die Bocchetta di Campanile Basso im Süden. Der Klettersteig Via delle Bocchette Centrali quert die Ostwand und verbindet so die beiden Scharten. Der Campanile Basso ist der bekannteste Klettergipfel der Brentagruppe.
Abenteuerlich und immer wieder fassungslos wird man beim Betrachten der einfachen Sicherungsmaßnahmen, der Bergkameraden in den Jahren der alpinen Pionierzeiten. Kein Haken - keine Sicherung, nur ein Seil um Bauch oder Rücken geknotet - ein Sturz des Vorauskletternden oder Nachfolgenden Kameraden hatte meistens fatale Folgen für beide angeseilten Partner.
Gustav Jahn hielt einige Momente der Ersteigung in Zeichnungen fest: (v.l.n.r.) "Einstieg Übergang zur Südwand", "Kletterei in der Südwand" und "Gipfelrast auf der Guglia"
Betrachtet man z.B. die mittlere Zeichnung Jahns genauer, so entsteht unweigerlich der Gedanke ".. stürzt nun einer der beiden, der andere wäre wohl nicht mehr in der Lage den stürzenden Kameraden abzufangen. Und selbst wenn, ob das Hanfseil den Sturz wirklich abfangen würde, ohne zu reißen?"
Die Erstbesteiger der Guglia di Brenta (auch Campanile Basso genannt) in der Brentagruppe) waren übrigens Dr. Otto Ampferer (* 1. Dezember 1875 in Innsbruck; † 9. Juli 1947 ebenda) und Karl Berger im Jahr 1899.
Ampferer war berühmter österr. Geologe und Alpinist. Als Geologe beschäftigte er sich hauptsächlich mit der Geologie der Alpen. Mit seinem Namen ist die Unterströmungstheorie verbunden (Bildung von Gebirge). Er verfasste über 260 Publikationen und geologische Karten und war auch Mitglied der Gelehrtenakademie Leopoldina.
CIMA TOSA (3173 m) am 12. August 1903
die 1. Ersteigung über den Südostgrat von Gustav Jahn und Otto Laubheimer (beide aus Wien)
Die Cima Tosa (3.173 m s.l.m.) ist der höchste Gipfel der Brentagruppe. Die Cima Tosa steht im zentralen Brentahauptkamm und begrenzt das Hochtal Val Brenta alta nach Süden.
Der leichteste Zustieg erfolgt von Osten vom Sentiero dell' Ideale (Abzweig auf ca. 2700 m). Die Cima-Tosa-Nordeisrinne ist einer der bekanntesten klassischen Eisanstiege der Ostalpen.
Anstiege: Normalweg, eine Stelle II (offener Kamin) von Osten. * Cima-Tosa-Nordeisrinne (Canalone Neri), 50° Eis , 850 m (Erstbegehung Virgilio Neri solo am 21. Juli 1929) * Südgrat in Verbindung mit der Besteigung des Crozzon di Brenta
HOCHTOR, Gesäuse
Am 8. September 1903 verabreden sich Gustav Jahn und sein Freund Otto Laubheimer zu einer Tour im Gesäuse, Ziel war das Hochtor. Es war ein schöner Tag und sie waren beide schon im Abstiege vom Hochtor , als Otto Laubheimer von einem losen Felsblock plötzlich zur Tiefe gerissen wurde und Jahn von seinem Berggefährten und Freund Otto Laubheimer jähen Abschied nehmen musste.
Gustav Jahn schrieb nach diesem Unglück in einem Brief an seinen Tourengefährten Ing. Eduard Pichl:
"Die Berge ringsum glühten in feurigem Rot, als ich an der verstümmelten Leiche des armen Laubheimer stand. Und dennoch, dennoch konnte ich den Bergen nicht zürnen!"
(Laubheimer Otto, Alpinist. * Wien, 28.4.1882; gestorben Hochtor im Gesäuse (Stmk.), 8.9.1903 (abgestürzt)
Absturzbericht lesen (hier klicken um den Text einzublenden)
Am 8. September hat ein hoffnungsvolles Bergsteigerleben jäh geendet. Otto Laubheimer, der tollkühne Kletterer, dem keine Steilwand zu schroff, der vor keinem Hindernis zurückscheute, dessen Leistungen das Menschenmögliche bezeichnen, er hat nach zurückgelegter schwieriger Tour den Tod gefunden beim Abstieg in einem Terrain, das ihn sein Können befähigte, spielend zu bewältigen. Mit stolzgeschwellter Brust über das geglückte Wagnis scheint es, daß er bei dem leichten Abstieg die Vorsicht, welche im exponiertesten Terrain ihn stets begleitete, außeracht ließ.
Aus den Berichten der Tagesblätter über das Unglück scheint uns der verläßlichste der zu sein, welchen der Augenzeuge des Unfalles und Tourengenosse Laubheimers, der akademische Maler Herr Gustav Jahn (0. A.KI.) in der "Zeit" veröffentlichte und den wir im nachstehenden wiedergeben:
Laubheimer war mit Oppel zusammen von Wien weggefahren. Sonntag bestiegen sie den Reichenstein und Montag das Hochtor. Ich stieß erst Montag mittags im Heindelkar zu den beiden Herren. Herr Oppel, der sich nicht ganz wohl fUhlte, stieg zu Tal, während Laubheimer und ich an diesem Tage die Partie bis auf das Ödsteinkar fortsetzten, wo wir biwakierten. Bei Tagesanbruch kletterten wir über die Nordseite auf den groBen Ödstein und über den Verbindungsgrat gelangten wir auf das Hochtor. Auf diesem Wege trafen wir wieder mit
Herrn Oppel zusammen, der den Grat über die Südseite erreicht hatte. Auf dem Hoehtor trafen wir ungefähr um 1/2 12 Uhr ein. Um 1/2 1 Uhr brachen Laubheimer und ich auf, um über den Grat zur Peternscharte und über den Peternpfad nach Gstatterboden zu gelangen. Ungefahr 200 Schritte vom Hochtor - wir waren etwa eine Viertelstunde unterwegs - passierte das Unglück. Laubheimer ging voraus; er verfolgte den Grat noch weifer, während ich bereits nach links abschwenkte.
Ich rief ihm zu, er möge umkehren, da hier der richtige Abstieg sei. Er erwiderte, es gehe auch auf dem Grat ganz gut. Ich war etwa dreißig Meter tiefer gekommen, da hörte ich ober mir das Gepolter losbrechender Steine und gleich darauf sausten knapp neben mir zentnerschwere Blöcke und der Körper Laubheimers in die Tiefe. Ich trat so weit, als es möglich war, an den Rand der Felsen, konnte jedoch keine Spur von Laubheimer entdecken. In größter Eile stieg ich auf das Hochtor zurück, wo ich eine Gesellschaft antraf, Der Führer Lechner, dem ich genau die Absturzstelle beschrieb, trat sofort den Abstieg an, wir folgten langsamer nach. In einer halben Stunde war der Führer bei der Heßhütte, wo er seinen Neffen traf, mit dem er sich gleich auf die Suche nach Laubheimer in das Roßkar begab, wohin meiner Meinung nach der Unglückliche gestürzt sein mußte.
Inzwischen waren auch wir zur Heßhütte gekommen, Oppel und ich eilten in das Roßkar nach, während zwei Herren die Kunde von dem Unglück nach Johnsbach brachten. Als wir im Hoßkar eintrafen, riefen uns die Führer von Felsen, auf denen Laubheimer lag, zu, daß sie diesen bereits tot aufgefunden haben. Die Führer ließen dann die Leiche an einem Seile in das Kar herunter.
Wir betteten den Leichnam im Schnee, konnten ihn jedoch wegen der einbrechenden Dunkelheit nicht mehr ins Tal befördern. Am nächsten Morgen wurde die Leiche von sechs Trägern auf einer Bahre in die Totenkammer nach ]ohnsbach gebracht, Mittwoch abends trafen die Mutter und die Schwester Laubbeimers in Johnsbach ein und verfügten, daß die Leiche nach Wien überführt werden solle.
Lauhheimer stand im 22. Lebensjahre; in unserem Verein hat er mit 19 Jahren seine touristische Tätigkeit begonnen. Später, als ihn seine Übung dazu befähigte, trat er außerdem dem Österreichischen Alpenklub bei. Größtenteils mit Mitgliedern dieser hoch turistischen Vereinigung hat er seine kühnsten Klettertouren ausgeführt. Von den besonders schwierigen Touren, die Laubheimer in der letzten Zeit gemacht, mögen folgende hier Erwähnung finden:
Rinnerkogel (2008 m), 1. Ersteigung über die Ostwand und Überschreitung nach Westen (gemeinsam mit Camillo Oppel);
Überschreitung des ganzen Hallermauerngrates an einem Tag (allein);
1. Überschreitung des Grates vom Niederen Kreuz zum Hohen Dachstein (mit Gustav Jahn);
Eiskarlspitze, 1. Ersteigung über die Nordostwand (allein und in Nagelschuhen);
Große Bischofmiitze, 1. Ersteigung über die Südwand (mit Gustav Jahn).
Wie ungemein schwierig besonders die letztere Tour gewesen sein muß, erhellt aus dem Satz, mit welchem Jahn und Laubheimer ihren Bericht in der ",Österr, Alpenzeitung (vom 3. Sept.) schließen und der folgendermaßen lautet:
"Die Tour ist entschieden die schwierigste und der sehr schlechten Stellung wegen, die wir bei Vornahme
des menschlichen Steigbaumes an der schwersten Stelle einzunehmen gezwungen waren, auch die gefährlichste, die wir bisher unternommen"
Mit Otto Laubheimer verliert unser Verein nicht nur eines seiner tüchtigsten, sondern auch eines seiner tätigsten Mitglieder. War er nicht gerade auf der Tour, so konnten wir ihn jeden Dienstag und Freitag in unserer Mitte sehen. «Der Naturfreund» beklagt durch den Tod Laubheimers einen schätzenswerten und freudigen Mitarbeiter, In unserem heurigen Jahrgange entstammen die Artikel: «Auf die Fünffingerspitze durch den Schmittkamin» (Nr. 1) und «Eine Überschreitung der drei Haltspitzen im Kaisergebirge» (Nr. G) seiner Feder.
Über Laubheimers Leiche hat die Erde sich geschlossen. In aufrichtiger Trauer gedenken seiner zahlreiche Vereinsgenossen, die ihn wegen seiner musterhaften Bescheidenheit liebgewonnen haben.
H.h.
Nachruf Otto Laubheimer lesen (hier klicken)
1904
Hohe Veitsch - Hocheck (Sk.), Gr. Hengst (Sk.), Bruderkogel-Steinwandkogel-Gamshöhe (Sk.), Gr. und Kl. Bösenstein (Sk.), Schober-Triebenstein (Sk.) Gr.-Kl. Rüben (Sk.), Gr. Rüben-Dreistecken (Üb. W.), Helm-Hochgruben-Hornischeck-Totenköpfel - Reichenstein - Totenköpfel, Laserzwand - Roter Turm, Hoher Dachstein, Totenköpfel-Reichenstein (Üb. von O. nach W. zur Wildscharte) - Sparafeld (von S.), Festkogel (N-Wand, Zimmerweg), Gesäuse: Kl.Buchstein (O.-Wand, Üb.) - Gr.Buchstein (an einem Tag) (O.-Wand, Üb.), Johannesberg, Medelsspitze, Glocknergebiet: Großglockner (Üb.), Glocknerhorn - Großglockner (NW-Grat),, Mont Blanc-Gebiet: Aquille du Gèant (Üb., 1. Abstieg über den NO-Grat) - Col du Midi, Montblanc (über Montblanc du Tacul und Mont Maudit), Monte Rosa, Östl. - Westl. Reißkofel, Asitzhöhe-Asitzkogel-Schönleiten-Wildenkarkogel-Kohlmaiskopf (Sk.), Schönhoferwand-Hohe Penhab-Zwölferkogel (Sk.), Reiterkogel-Bernkogel (Sk.), Wildenkarkogel-Schönleiten-Asitzkogel-Schabergkogel-Geierkogel-Furchenkopf-Sausteigen (Sk.), Schituren (Skitouren),
1904 ersteigt Gustav Jahn den Großglockner über den NW-Grat
Abbildung: ein Ölgemälde von Gustav Jahn "Großglockner und die Glocknerwand von Norden"
13. August 1904 Mont-Blanc-Gebiet
GUST. JAHN nutzt sein erworbenes Kenyon-Reisestipendium nicht zu einer Reise (zum Malen) nach Rom, sondern fährt für Bergtouren in das Mont-Blanc-Gebiet, wo ihm u. a. der erste Abstieg des Dent du Géant gelang.
Aiguille du Géant (Riesennadel) - Montblanc über Tacul (Der Mont Blanc du Tacul liegt zwischen dem Mont Blanc und der Aiguille du Midi) und Mont Maudit ("verfluchter Berg", weil er überschritten werden muss, wenn man den Mont Blanc erreichen will) - Monte Rosa - Dufourspitze (Die Dufourspitze ist mit 4'634 m ü. M. der höchste Gipfel der Schweiz, benannt nach dem Schweizer Kartographen Guillaume-Henri Dufour).
Touren im Mont Blanc Gebiet, mit Heinrich Krempel, Otto Barth, Gustav Jahn, Gustav Schmidt und Richard Volkert. Aiguille du Géant - Montblanc über Tacul und Mont Maudit Monte Rosa - Dufourspitze
(li.) Montblanc du Tacul und Glacier du Geant vom Jardin um 1904 - ein Aufnahme um 1904
(re.) Brenvaflanke des Montblanc und Peutereygrat - eine Aufnahme um 1904
ORIGINALTEXT von 1904:
Die vehemente und langandauernde Hitze des vergangenen Sommers ließ hochfliegende Pläne in den Köpfen von 5 Klubgenossen, die ich in alphabetischer Reihenfolge hier vorführe, reifen.
Es waren dies: O t t o B a r t h, G u s t a v J a h n, Karl Mayr, Gustav Schmidt und Richard Volkert, an die sich noch schließlich meine Wenigkeit anreihte.
Am 13. August verließen wir mit dem Südbahnschnellzuge abends Wien und trafen am nächsten Tage nachmittags in Ala ein. Vergeblich hatten wir in der Franzensfeste nach Freund Mayr-Karl Umschau gehalten, da er dort zu uns stoßen wollte, doch wer nicht kam, war Korele. Der hat sicher gestern in Innsbruck irgend etwas angestellt, und kann nun nicht weg, lautete in dürren Worten das Resumè unserer Vermutungen; doch wir sollten uns angenehm enttäuscht sehen. Als nämlich in Ala der Nord-Süd-Expreß, mit dem wir die Weiterfahrt nach Verona unternehmen wollten, in die Station einlief, da schwenkte unser lieber Freund schon von weitem seine Reisemütze aus einem Abteilfenster der 1. Klasse. was von uns mit Jubel begrüßt wurde. Einige Minuten später lenzten wir uns in den Samtpolstern des dahin rasenden Zuges und sahen mitleidig auf den Schaffner herab, der uns in gönnerhaftem und hochnasigem Tone sagte. daß der Zug nur 1. Klasse führe, und sich unsere Touristenkleider nicht mit der 1. Klasse zusammenreimen konnte. Froh waren wir, als wir um 11 Uhr nachts das sonnendurchglühte Abteil in Malland verlassen konnten. Schnell eilten wir in ein dem Bahnhofe nahegelegenes Hotel, dann bestiegen wir zwei Wagen und ließen uns noch dem Domplatz bzw. in die "Galleria Vittorio Emanuele" fahren, woselbst noch das südliche Leben voll pulsierte.
Fast hätten wir dort einige unserer Genossen eingebüßt, die dem Feuer schwarzer Augen zu stark ausgesetzt waren.
Das liegende italienische Heer machte alle Anstrengungen, unser Fähnlein zu schwächen, doch unsere strenge Disziplin verhinderte die Fahnenflucht. Um 2 Uhr früh trafen wir wieder im Hotel ein und befanden uns am nächsten Morgen um 7 Uhr auf der Fahrt nach Aosta, wo wir um 12 Uhr ankamen
Kaum waren wir aus den Waggons gestiegen. als auch schon ein Dutzend Kerle über uns herfielen und in allen Sprachen des Erdballes auf uns einredeten. In dieses oder jenes Hotel zum Dinieren zu kommen und uns von dem oder jenem nach Courmayeur fahren zu lassen. Nachdem ich mir energisch Ruhe verschafft hatte. gelang es mir, zum Preise von 3 Franken pro Kopf die Fahrgelegenheit zur Zufriedenheit aller zu erledigen. Dann ließen wir uns von dem am vertrauenswürdigsten Aussehenden in dos Hotel Centoz lotsen, woselbst wir uns an der reichbesetzten Tafel gütlich taten und in Jeder Beziehung zufriedengestellt wurden. Der Anfang Ist gut, meinte Otto der Maler, und obwohl wir alle zustimmen mußten, hegte ich doch im stillen die Besorgnis, daß, wenn diese Völlerei so weitergehe, keiner von uns auf und über die Berge käme. Dreimal hatte bereits der Wagenlenker vordem Hotel in sein großes Tutehorn geblasen und damit das Zeichen zur Abfahrt gegeben und fuhr, als wir dann noch immer nicht kamen, mit den anderen Passagieren einfach davon. Uns blieb zum Gaudium der Straßenjugend nichts anderes übrig, als Im Hundetrab dem Wagen nachzurennen, den wir dann aber In Kürze einholten. Lustig ging die Fahrt durch das herrliche Tal ....
Touren im Mont Blanc Gebiet, es berichten die "Apachen" Heinrich Krempel, Otto Barth, Gustav Jahn, ...
Zitat aus dem Buch:
"Ein schönes Weib, Natur und Kunst schenken nicht jedem Ihre Gunst, eins haben alle drei gemein, sie wollen geliebt und verstanden sein".
1905
gehörte der Winter wieder den "Brettln", Der Sommer den Kletterfahrten in den Gesäusebergen, der Dachsteingruppe und den Dolomiten (Marmolata Südwand, Schmittkamin auf der Fünffingerspitze, allein).
Schituren (Skitouren), Gesäuse (Festkogel-Nordwand auf Zimmers Weg), Dolomiten, Marmolata, drei Zinnen
... Vallga - Galzig (Sk.), Hochreichart (Sk.), Kreuzeck (Sk.), Eisenerzer Griesmauer, Kl. Buchstein (O-Wand, Üb.) - Gr. Buchstein (O.-Wand, Üb.), Kl. Zinne, Kl. Ödstein (N-Wand) - Gr. Ödstein (Üb.) - Festkogel (Üb.) - Hochtor (Üb.), Grasleitenturm, Stabelerturm (Üb.) - Delagoturm (Pichlriß) - Stabelerscharte (Üb.), Haupt.-O.N.-Turm, Dachstein (S-Wand), Festkogel (N-Wand, Zimmerweg)- Hochtor (Üb.) - Roßkuppe (Üb.), Cima Ombremtta (Üb.) - Sasso Vernale (Üb.), Marmolata (S.-Wand), Langkofel (NO.-Wand), Fünffingerspitze (Schmittkamin, allein), Fermedaturm (Über NordOst -SüdWest - allein), Schwabenalpenkopf, Westl. Zinne (O.-Wand), Kleine Zinne (N.-Wand), Wildscharte - Reichenstein (Üb.W.-O.)-Totenköpfl (Üb., Absteig S.-Grat), Zwölfer, Gr.Zinne (O.-Wand), Hintere-Vordere Goinger Halt, Toblacher Pfannhorn - Gaishörndl - Hochhorn - Golfen (Sk.), Helm (Sk., Preber (Sk.), Frauenalpe - Ackerlhohe - Schwarnbrunn (Sk.)
Ersteigung der Kleinen Zinne über die Nordwand - Gustav Jahn bei den Drei Zinnen (Tre Cime di Lavaredo)
Bergportrait - die Drei Zinnen, Dolomiten: Kleine Zinne (2857 m), Große Zinne (2999 m) und Westliche Zinne (2973 m)
Die "Zinnen" sind das berühmteste "Dreigestirn" der Alpen. Sie sind der Inbegriff der Dolomiten und des Kletterns überhaupt. Unvergessliche Eindrücke warten entlang der Nordabstürze des Paternkofels und vorbei an den bis zu 500 Meter hohen Nordwänden der Drei Zinnen.
(links) Die drei Zinnen von Norden - Ansicht vom Gwengalpenjoch (eine Aufnahme von 1907)
(mitte) Gustav Jahn bei der "Kletterei auf der Kleinen Zinne" (eine Aufnahme seines Bruders Otto Jahn)
(rechts) Eine Aufnahme von der großen Zinne - um 1906 (von der Punta die Frida aus gesehen)
Marmolata Südwand - Am 26. Juli 1905 erfolgte die 4. Ersteigung durch Gustav Jahn und Ferdinand Langsteiner aus Wien (in einer Zeit von 7,45 Std.). Die Marmolata ist mit 3.342 Metern Höhe der Höchste Berg der Dolomiten
Sie verfolgten in der oberen Hälfte der Wand den bisher noch unbekannten, östlich gelegenen Weg der Erstbegeher (1. und 2. Gebr. Leuchs)
(Bild in der Mitte) Jahns Anstiegsskizze zur Südwand der Marmolata, vermerkt mit den Anstiegsrouten der 2. und 3. Ersteigung der Gebr. Leuchs, sowie der 4. Ersteigung von Jahn und Langsteiner.
1905 wurde auch der Großglockner zum wiederholten Mal bestiegen.
Der Großglockner (häufig auch kurz Glockner genannt) ist mit einer Höhe von 3.798 m der höchste Berg Österreichs.
Diese Aufnahme aus dem Jahr 1905 zeigt die beiden Freunde Gustav Jahn und Otto Barth bei der Gipfelrast am Glocknerkreuz.
Während Jahn sichtlich den Ausblick auf die Majestäten "seiner" Bergwelt geniest und vielleicht schon sein nächstes Motiv für ein Gemälde studiert und arrangiert, stärkt sich der Maler Barth mit einer Jause für den Abstieg.
Foto: Gustav Jahn (sitzend) & Otto Barth am Gipfelkreuz des Großglockners 1905. (zur Detailansicht bitte das Bild anklicken)
Rax - Wilder Gretchensteig: Erstbegehung Wilder Gretchensteig: gustav jahn, 1905
1906 / 1907
Gesäuse, Ennstaler Berge - Neue Wege Hochtor Nordwand, Julische Alpen - Triglav-Nordwand; 1907: wurden Ortler- und Brentagruppe als Tourengebiet erkoren.
1906 fand Jahn einen neueren, leichteren Aufstieg durch die Hochtor Nordwand und wiederholte auch die Durchkletterung der Triglav-Nordwand
Gesäuse Hochtor Nordwand - hier gelang ein vollständig neuer Anstieg, der "Jahnweg",
1. Begehung durch die Erstbegeher Gustav Jahn und Franz Zimmer, am 02. September 1906
Hochtor Höhe 2365 m, Schwierigkeitsgrad III - 1000 Meter hohe Nordwand, Im Bild die "Jahn-Zimmer Route"
Oktober 1896 - Die Erstbegehung der Hochtor-Nordwand (der höchste Gipfel der Gesäuseberge). Den Wienern Heinrich Pfannl, Thomas Maischberger, Theodor Keidel und Viktor Wessely gelingt die Erstbegehung der rund 900 Meter hohen Hochtor-Nordwand im Gesäuse.
Lange war die eindrucksvolle, steinschlaggefährdete und schwere Wand der Prüfstein für extreme Wiener Bergsteiger. 1941 glückt keinen Geringeren als Kasparek, Brunhuber und Wiegele die erste Winterbegehung. "Keine Wand in den Gesäusebergen ist zum Erkennen der persönlichen Fähigkeiten besser geschaffen als gerade die Hochtor-Nordwand", sagte einst Hubert Peterka.
Gesäuse HOCHTOR Nordwand - Jahn-Zimmer - die Route:
Zum Erreichen des Einstiegs der Route Jahn-Zimmer folgt man dem Peternpfadvon der neuen Haindlkarhütte einige Minuten bis knapp vor dem ersten Bachbett. Hier zweigt bei einem Wegweiser ein Steiglein rechts in das große Kar unter der Festkogel Nordwand ab. Diesem spärlich markierten Steiglein folgt man bis in den linken, oberen Winkel des Kares, der auf knapp 1500 m gelegen ist. Bei einer Quelle, die bis lange in den Herbst Wasser führt, kann man sich noch einmal erfrischen.
Nun erreicht man eine geologisch sehr interessante Zone. Die Schicht zwischen Dolomit und Kalkgestein, die in den Gesäusebergen "Raibler Schicht" genannt wird, tritt hier sehr mächtig und augenfällig zu Tage. Da sie nicht wie der Dachsteinkalk das Wasser durch Schächte und Dolinen ins Berginnere ableitet. kommt es in diesem Bereich sehr häufig zu Quellaustritten. Mit geologisch etwas geschultem Blick kann auch der Laie solche auffälligen Gesteinsschichten deuten. Der weitere Zustieg zur Hochtor Nordwand. die man in diesem Bereich genau genommen Haindlkarwand nennen muss, quert nun über diese Raibler Schichten nach links auf einen Latschenrücken. Dabei überquert man brüchigen, braunen Fels. der auf einer schwarzen bröseligen Gesteinsmasse liegt. An kaum einer Stelle im Gesäuse kann man diese Zwischenschicht zwischen Dolomit und Kalk so deutlich betrachten wie hier. Je nach Heftigkeit von vorangegangenen Gewittern präsentiert sich der weitere Zugang zur Wand, der auch als unterer Teil des "Lindenbach Abseilweges" bekannt ist. als spärlich markiertes, gut gangbares Steiglein oder als mit Schotterüberdeckter, unangenehmer Wandvorbau. Einige Schluchten müssen gequert werden, bis der Kamin, der zur Einstiegsscharte führt, erreicht ist. Je nach Trittsicherheit kann auch schon vor diesem Kamin angesellt werden. Am Ende des Kamins wendet man sich bei der kleinen Scharte, wo auf einem Stein die Aufschrift J-Z zu sehen ist, nach links. (Der "Lindenbach Abseilweg" steigt weiter rechts empor). Jenseits der kleinen Scharte leitet ein abschüssiges Band in die Wand nach links zum Beginn des plattigen Dachsteinkalkes und der Genuss bringenden Kletterei.
Platten, Verschneidungen und Risse führen über eine Rechtsschleife empor zum so genannten "Appellplatz", einer riesigen, geneigten felsplatte, Diese wird nach links überquert und nach wenigen plattigen Seillängen ist die Schlüsselstelle der Route erreicht. Diese besteht aus einem sehr plattigen Linksquergang im Schwierigkeitsgrad III+. wobei die Hände gute Griffe in einem Querriss, der so genannten "Fuge" finden.
Eine Seillänge darüber befindet sich in einer bequemen Nische das Wandbuch. Der weitere Anstieg führt über eine steile Wandstelle und dann folgt man immer links haltend Rissen und Rinnen. Wer noch gut bei Kräften ist, kann direkt Ober den Abschlussüberhang (III+) in leichteres Gelände aussteigen. Ansonsten besteht eine Umgehungsvariante Über ein Band nach links. Nach etwa 100 Höhenmetern leichteren Geländes ist der Grat erreicht. Links haltend (in östlicher Richtung) gelangt man auf den Gipfel des Hochtores, das mit 2369 Metern die höchste Erhebung im Nationalpark Gesäuse darstellt. Der Blick vom Gipfel schweift hinunter zur Enns, die sich rund 1800 Meter tiefer durch diese atemberaubende Gebirgslandschaft schlängelt Der letzte weitgehend unverbaute Abschnitt dieses großen Flusses liegt im Nationalpark und bildet gleichsam dessen sensibles Rückgrat.
Zusammenfassend kann man über die im Jahre 1906 erstbegangene Route sagen, dass es sich hierbei um eine der schönsten und lohnendsten Felsfahrten In diesem Schwierigkeitsbereich im Gesäuse handelt. Die Route wird durch den abwechslungsreichen Zustieg, die genussreiche Kletterei und den Abstieg, der zumeist nach Süden zur Hesshütte oder über den Schneelochweg direkt nach Johnsbach führt, zu einem außergewöhnlichen Gesamterlebnis. Der Anstieg verlangt aber sehr viel alpines Gespür für die Routenfindung und sollte vor allem auf Grund seiner länge von etwa 1000 Klettermetern nicht unterschätzt werden.
Wer einen vollen Tag unter unser Motto "..Zeit für Natur..." stellt, kann in dieser fast 100 Jahre alten Kletterroute sicherlich ein ganz besonderes Naturerlebnis finden.
Ö.A.Z 1906, Seite 272 und Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.23 / Seite 282 (1907)
1906 Triglav Nordwand - Julische Alpen
Die zweite und dritte Ersteigung der Triglav-Nordwand am 4. August 1906 durch Gustav Jahn und Franz Zimmer.
Der ORIGINAL-Tourenbericht von Gustav Jahn aus Wien
(im Bild links eine Tempera/Gouache "Triglav Nordwand" von GUST.JAHN).
Wieder einmal hatte "Das letzte große Problem in den Ostalpen" seine Lösung gefunden!
Am 9. und 10. Juli 1906 erkletterten die Herren Karl Domènigg (Wien), Dr. F. König und lng. Hans Reinl zum ersten Male den mächtigen Nordabsturz des Großen Triglav. Rasch verbreitete sich die Kunde hievon in allen alpinen Kreisen, und mit begreiflicher Ungeduld wurden die ersten Berichte erwartet. Nach wenigen Tagen erschien im "Neuen Wiener Tagblatt" eine kurze Notiz, und diejenigen, welche versicherten, die neue Tur müsse in Bezug auf Schwierigkeit gewiß alles Bisherige übertreffen, hatten Recht behalten: "Wandhöhe 1800 Meter, Dauer der Kletterei 36 Stunden, Schwierigkeiten größer als an der Marmolata-Südwand und "Watzmann-Ostwand." Mehr konnte man unmöglich verlangen; die Triglav-Nordwand hatte also den an sie gestellten Anforderungen in jeder Hinsicht entsprochen.
Mit nicht geringer Begeisterung hatten auch wir, Franz Zimmer und ich diese Nachricht in uns aufgenommen, und rasch faßten wir den Entschluß, diese Tur zu wiederholen. Richtiger wäre es vielleicht gewesen, eine ausführliche Beschreibung des Anstieges abzuwarten, aber wir hofften an Ort und Stelle, in der am Fuße der Wand gelegenen Aljazhütte, die wichtigsten Auskünfte über Ein- und Ausstieg zu erhalten. Wir sollten uns auch nicht getäuscht haben, denn als wir am 3. August gegen Mittag in die genannte Hütte kamen, hatten wir das Glück, einen alten Triglavführer dort anzutreffen. Dieser Mann gab uns sofort die gewünschte Aufklärung: Als Einstieg bezeichnete er uns einen großen, links vom Fuße einer mächtigen Schlucht liegenden Schneefleck, als Ausstieg einen deutlich ausgeprägten Felszacken am oberen Rande des Gletschers. Auf der Rückseite eines Speise- und Getränketarifes entwarf ich dann eine Anstiegsskizze mit all in Betracht kommenden Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten, die auch den Beifall meines damals sehr unter der Mittagshitze leidenden Freundes fand.
Die Temperatur an jenem Tage war aber auch wirklich unerträglich, und selbst am Abend blieb die ersehnte Abkühlung aus. Namentlich aber in den Schlafräumen der ganz aus Holz gebauten Hütte war es fast nicht zum aushalten, und wir waren froh, endlich das sonst so verhaßte Lied unseres Taschenweckers zu vernehmen. Nach 3 U. früh schlossen wir die Tür des die Hütte umgebenden Zaunes und wandten uns talein.
Über dem Rande der Triglavmauer glänzten die Sterne, aber auch Wolken gab es, mehr als uns lieb war und mehr als wir die ganze vergangene Woche hindurch zu sehen bekommen hatten. Das Bild wurde immer düsterer, je näher wir unserem Ziele kamen, und wenn wir stille standen, dann schien sich die Wand vorzuneigen immer mehr und mehr. Wir hätten alles andere vermutet, als hier und um diese Zeit Menschen zu begegnen, aber den wir hier begegneten, der paßte so recht in die wüste Umgebung. Es war ein aus Aßling entsprungener Sträfling in seiner Originaltracht. Ohne weiters zu überlegen, schloß er sich uns an und trabte wortlos hintendrein. Bei Überquerung des Baches hielten wir an und füllten unsere Wasserflaschen. Nachdem auch er kräftig getrunken, schien seine Zunge gelöst; er erzählte uns dann von dem wenig erheiternden Leben der Zwangsarbeit, welches ihn veranlaßt hatte, unter die Bergsteiger zu gehen. Nach Überschreitung des Luckniapasses wollte er diesen Sport dann wieder aufgeben. Wir wünschten ihm viel Glück zu diesem Unternehmen, und sichtlich gerührt reichte ihm Zimmer zum Abschied eine Krone ...
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Inzwischen war es vollständig licht geworden. Es rührte sich kein Lüftchen und war erbärmlich heiß, als wir endlich das Einstiegsschneefeld erreichten. Vor 6 U. packten wir die Felsen an, und bald darauf standen wir bei dem ersten Steinmann unserer Vorgänger; wir waren also auf richtigem Wege. Dann ging's gerade hinan, bis uns eine steile Stelle veranlaßte, Seil und Kletterschuhe zu nehmen. In der Schlucht zur Linken hatten wir dann mit Schutt und ausgewaschenen Blöcken zu tun; wir waren herzlich froh, diese Art von Kletterei schon nach einer Viertelstunde hinter uns zu bringen. Nun baut die Schlucht in steilen Wänden auf. Da entschlossen wir uns links zu gehen und hatten es sehr gut getroffen, denn als wir etwa 100 Meter höher wieder gegen die Schlucht zurückkehrten, fanden wir bald wieder Gelegenheit, eine ähnliche Schleife auszuführen.
Das erste große Schneefeld war erreicht. Jetzt zeigte auch schon die Wand rechts etwas bessere Formen, und wir überlegten nun mit Zuhilfenahme unserer Anstiegsskizze, in welcher das Schneefeld verzeichnet war, den Weiterweg. Die Wahl war wirklich schwer, denn die Skizze zeigte hier rechts und links punktierte Linien. wir zählten die Knöpfe an den Röcken - sie wiesen uns nach links. Auf einem herrlichen, wohl über 100 Meter langen, immer schmäler werdenden Bande erreichten wir einen von der Wand abstehenden Zacken, von welchem aus wir das folgende sehr verwickelte Terrain gut übersehen konnten. Ein überhangender Riß, zu dem wir uns lange nicht entschließen konnten, und der uns viel Schweiß kostete, aber ganz ungefährlich war, vermittelte den Weiterweg. Von den Spuren unserer Vorgänger hatten wir schon lange nichts bemerkt, und wir vermuteten ganz richtig, daß sich dieselben wohl rechts von der Schlucht gehalten hatten. Wir sahen nun auch, daß unser Manövrieren an der linken Schluchtwand bald zu Ende sein würde; bei einem gabelförmigen, das obere Schluchtende markierenden Schneefleck hatten wir dann nur mehr die Wahl zwischen rechts oder gerade hinauf. Jedenfalls war es jetzt mit der gemütlichen Art vorwärtszukommen vorüber, und wir mußten uns entschließen, nun auch schwerere Stellen anzugehen.
Auf das Wetter hatten wir bisher wenig geachtet, nun die Sache aber ernst zu werden schien, erregte der jetzt vollständig mit schweren Wolken behangene Himmel doch einige Besorgnis in uns. Dazu die auffallende Schwüle in dieser Höhe. Zum Umkehren hatten wir aber auch keine Lust, und so entschlossen wir uns, eine größere Rast einzuschalten. Wir benützten dieselbe auch, um unsere Hemden zu trocknen und die seit langem abgelegten Kletterschuhe wieder hervorzuholen.
Nach einer guten halben Stunde machten wir uns auf den Weiterweg und standen bald vor einem hohen, mehrfach überhängenden Riß, der vorläufig den einzigen Ausweg zu bilden schien. Zimmer war sehr dagegen, diese Stelle zu versuchen; er hatte nämlich links in freier Wand ein schmales, überaus brüchiges Gesimse entdeckt und war nur mit großer Mühe davon abzubringen, hier anzugreifen. Er gab erst nach, als ich bereits die untere Hälfte des Risses durchklettert hatte und verborgene gute Griffe melden konnte. Die zweite, schwierigere Hälfte gelang dann ebenfalls auf den ersten Versuch, und über anfangs noch steile, bald aber leichter werdende Felsen setzten wir unseren Weg fort. Immer näher rückten wir einer hohen, von vielen Überhängen durchzogenen Wand, und als wir ganz davor standen, sah sie am schlechtesten aus.
Alle unsere Bemühungen, dieser Stelle auszuweichen, schlugen fehl; links war gar nichts zu holen und rechts - ja, wenn wir da früher hinüber wären - jetzt war es zu spät! Tiefer sanken die Nebel, immer dunkler ward's um uns, wir mußten uns entschließen.
Wir taten es, indem wir die Rucksäcke an das Ende unseres 25 Meter-Seiles banden. Dann faßten wir die Wand fast in der Mitte an. Plattige Stellen wechselten mit brüchigen, die Haltpunkte waren überall aufs kleinste. Ein großer, nur lose an der senkrechten Wand hängender Klotz mußte umklettert werden - 20 Meter tiefer auf schmaler Leiste steht der Freund! Als wir diese Stelle überwunden, atmeten wir auf. Einige kurz übereinander gestellte Überhänge hielten uns noch etwas auf, dann hatten wir das östliche Ende einer großen, mit vielen Schneeresten bedeckten Terrasse erreicht.
Drüben, oberhalb des entgegengesetzten Endes derselben, tauchte die Spitze eines hohen Pfeilers aus dem Nebel - drauf ein Steinmann! Nun wußten wir es: wir waren aufgesessen, der Führer unten hatte nicht mehr gewußt, als wir selbst! Wohl dachten wir daran, einen Übergang zu versuchen, aber das schlechte Wetter und die Ungewißheit, ob wir überhaupt links glatt hinauskommen würden, veranlaßte uns, davon abzusehen. Über Schutt und Schnee stiegen wir jetzt empor und waren nicht wenig überrascht, dort, wo wir einen leichten Ausstieg vermuteten, plötzlich eine hohe, dazu noch vollständig senkrechte Mauer auftauchen zu sehen. Im letzten Moment ließ sich die Sache aber links umgehen und es war noch nicht 12 Uhr, als wir den Plateaurand betraten. Nach einer ausgiebigen Rast machten wir uns an die Ersteigung des Gipfels. Wir hielten uns erst knapp an den oberen Rand der Abstürze, und da sahen wir im Schutt abwärtsführende Fußtritte - es waren die puren der ersten Partie! Jetzt unterlag es keinem Zweifel mehr, wir waren zu weit links geraten. Unter immer näher kommendem Donnergrollen erreichten wir die Spitze, die wir aber schnell wieder verließen, denn wir hofften vielleicht doch noch trocken hinunterzukommen. Es gelang uns auch, aber kaum hatten wir die Deschmannhütte betreten, da ging es auch schon los. Gewitter nach längerem schönem Wetter pflegen immer besonders kräftig auszufallen, und so war es auch jetzt. Unaufhörlich rasselte der Regen von heftigem Donner begleitet herab; als er dann endlich nachließ, war es bereits Nacht geworden. Tags drauf zogen wir ab und kehrten nach Wien zurück. Nun war auch uns die Triglav-Nordwand geglückt, allerdings auf einer neuen und vermutlich auch leichteren Route. Die Wand war auch an der von uns durchkletterten Stelle etwa 100 Meter niedriger, aber die 6 Stunden, die erregten Verdacht! Nur zu bald kam die Sache ans Licht: wir hatten einen Weg gewählt, der schon von den Erstersteigern als "Kneifroute" ins Auge gefaßt worden war. Das war sehr bitter für uns! Was blieb uns da anderes übrig, als die Wand nochmals zu erklettern und womöglich dort, wo sie am höchsten ist?
Inzwischen war der Sommer zur Neige gegangen, und die schönen Septembertage, auf welche wir bestimmt rechneten, blieben aus; statt dessen kamen die ersten Schneeflocken und Skitage auf der Rax. Fast hätten wir die Triglav-Nordwand vergessen, da trat plötzlich schönes Herbstwetter ein, aber es wurde fast Ende Oktober, bis wir hoffen konnten, daß der Neuschnee auch in den höheren Lagen verschwunden sein würde. Der 27. Oktober sah uns dann wieder in der Aljazhütte.
Einige Neuschneereste lagen noch in den oberen Teilen der Wand, das Wetter war kalt und schön und wir voll froher Hoffnung. Im Geiste sahen wir uns schon zur Erwärmung in die Hände blasen und den Schneeflecken in Kletterschuhen ausweichen. Aber zu all dem kam es nicht, denn der nächste Tag brachte Regen und in seinem weiteren Verlaufe Schnee. Bis zum Einstieg waren wir gekommen, über eine Stunde hatten wir im eisigen Sturme gewartet und dann noch einen letzten Blick zurückgeworfen auf die immer mehr und mehr im Nebel verschwindende Wand. Es war ein schwerer Abschied, ein Abschied für ein ganzes Jahr. Was konnte sich da nicht alles ändern!
Aber es hat sich nichts geändert. Als die alten Kämpen zogen wir am 27. Juli 1907 wieder aus. Das Wetter war gut: am liebsten wären wir gleich am selben Tage losgezogen, aber es war schon 1 Uhr mittags geworden, als wir zur Hütte kamen. Ein kurzer Gewitterregen brachte eine leichte Abkühlung, und in klarer Schönheit hüllte sich der Absturz unseres Berges aus den zerfließenden Nebeln. Wieder standen wir in stummer Bewunderung vor der Hütte, die brennende Ungeduld im Herzen. Morgen muß es gelingen! Schon vor 3 Uhr früh brachen wir auf. Unser Gepäck war diesmal auf ein Minimum beschränkt: Proviant für einen halben Tag, Kletterschuhe und das 25 Meter-Seil waren nebst der unvermeidlichen Wasserflasche alles, was wir mitführten. Extra leichte Bergschuhe und ein besonders dünner Rock vervollständigten unsere etwas rennmäßige Ausrüstung.
Einige lichtumränderte Wolken lugten über den Rand der Triglavspitze, und als wir nach einer Stunde unsere Laterne verlöschen konnten, blickten wir bereits auf eine geschlossene, träge dahinziehende Wolkenmasse. Das war aber nun schon zu arg! Wir sagten jetzt gar nichts mehr; wir wollten uns nicht ärgern, und wir ärgerten uns doch. Wie oft hat uns schlechtes Wetter eine Tur vereitelt, aber was tat es, früher oder später gelang uns die Sache ja doch, und wenn es nicht dazu kam, dann machte es ja auch nichts; aber hier, diese Wand mußten wir machen!
Je näher wir kamen, desto langsamer stiegen wir, und wie vor zehn Monaten saßen wir über eine Stunde lang zähneklappernd bei dem Schneefeld unter dem Einstieg. Das Wetter wurde nicht besser, aber auch nicht schlechter. Unser Taschenbarometer war etwas gestiegen, und um 5 Uhr 30 hatten wir entschieden. Wir wollten trotz unserer nur für die besten Verhältnisse berechneten Ausrüstung einen Versuch machen. Als wir Hand an die Felsen gelegt, da wußte ich's - umkehren würden wir jetzt nicht mehr, es war ja nicht das erste Mal, daß wir eine Tur unter der gleichen Einleitung begannen. Hatten wir dann ein Drittel der Wand hinter uns, hieß es gleich: jetzt haben wir die Hälfte, wir sind schneller oben als unten.
Vom Schnee am Einstieg geht's über brüchigen Fels empor und dann wenige Meter über der gähnenden Randkluft auf schmalem Gesimse nach rechts. Solche Stellen sind, wenn sie gleich zu Beginn einer Tur entgegentreten, immer unangenehm. Der Körper hat da noch nicht jene Beweglichkeit, welche erst nach längerer Zeit; besonders aber nach Überwindung eines mehr Kraft fordernden Wegstückes, einzutreten pflegt. In zunehmender Schnelligkeit kletterten wir dann auf bekanntem Wege bergan. Bald standen wir vor der Gabelung der Schlucht. Rechts hatten die Erstersteiger ihr Fortkommen gefunden. Wir verzichteten auf den rechten und auf den linken Ast und schlugen uns wieder in die östliche, von vielen Bändern durchzogene Wand.
Leider taten wir dies zu früh und gerieten auf eine steile, glatte Platte, von der wir bald abgerutscht wären. Sehr knapp erreichten wir das erste Band und freuten uns über die hier in schönster Blüte stehenden Alpenrosen. Weniger erfreut waren wir über die Launen unseres Seiles, das beständig an tiefer liegenden Vorsprüngen und Grasschöpfen hängen blieb. Es wäre gewiß vernünftiger gewesen, hier noch ohne Seil zu gehen, aber keiner von uns wollte es tragen, und da wir es nicht in zwei Teile schneiden wollten, blieb nichts anderes über, als uns damit zu verbinden. Vorläufig kletterten wir noch auf unserer vorjährigen Route und hatten bald das erste große Schneefeld der Schlucht erreicht.
Nicht mehr hoch ober uns hatten die Erstersteiger direkt emporkletternd das untere Ende einer mit Schutt und Schnee erfüllten, rechts durch zwei Zacken markierten Rinne gewonnen. Wir überlegten nicht lange und umgingen
diese Stelle neuerdings in der linken Wandseite. Etwas absteigend gelangten wir dann an jenen Punkt, der unseren Vorgängern als geeigneter Platz für ihre erste größere Rast erschien. Bis hierher hatten diese jedenfalls manche unnötige schwere Stelle gemacht und waren langsamer gegangen als wir, denn wir hatten für die gleiche Wegstrecke schon um 5 1/2 Stunden weniger gebraucht.
Wir hielten uns nicht länger auf, sondern kletterten bald an der Wand knapp oberhalb einer Schneerinne empor. Es überraschte uns nicht, hier einige Steintauben zu finden, denn rechts oben am anderen Ufer der Rinne erblickten wir jenes auffallende grüne Plätzchen, welches in der Beschreibung ausdrücklich vermerkt ist. Mit Verwendung von Mauerhaken hatten die ersten Ersteiger von dort direkt ankletternd eine westlich gelegene, steile Gratrippe gewonnen. Nachdem wir 15 Minuten gerastet, querten wir auf schönem Bande nach rechts und kletterten dann knapp neben der Rippe empor. Ich glaube nicht, daß wir für diese Stelle mehr Zeit benötigten als die Erstersteiger für die Eintreibung auch nur eines ihrer Stahlhaken.
Tief unten lag jetzt das Schneefeld des Einstieges, und wenn wir hinaufblickten über den nun wieder an Neigung abnehmenden Rücken, dann erschien uns der Weg nicht mehr weit. Eben hatte der Nebel den oberen Rand der Wand auf Momente freigegeben. Mein Begleiter wurde schon ungeduldig, es war ihm entgangen, daß wir wieder eine schwere Stufe hinter uns gebracht hatten. Er war erst beruhigt, als ich ihm jenen Teil der Wegbeschreibung vorlas, welcher auf unsere gegenwärtige Situation paßte und folgendermaßen lautet: "Eng an die 'Wand gepreßt gewannen wir dann durch einen Spreizschritt ein schmales, überwölbtes Band und die Kante des Pfeilers. Weiter im Westen führt eine Kaminreihe rasch in die Höhe. Droben betreten wir dann zum zweiten Male den luftigen Grat. - In leuchtenden Wogen flüssigen Goldes geht die Sonne zur Rüste und wirft ihren rötlichen Schimmer auf unseren in schwindelnder Höhe dahinziehenden Pfad." - Die Zeichnung stimmte, die Farbe aber nicht; das Gold der Abendsonne sahen wir nicht, denn wir hatten trübes, regnerisches Wetter, und dann war es ja auch erst 9 Uhr vormittags. Als wir uns nun in Anbetracht der bisher erreichten Höhe entschlossen, ein langsameres Tempo einzuschlagen, fing es zu regnen an, und so war es mit dem Langsamgehen wieder nichts. Immer stärker wurde der Regen, drei bis vier Seillängen hatten wir noch trockene Sohlen unter den Füßen, dann aber waren wir gezwungen, nur ebene Stellen als Tritte zu benützen. Wir hielten uns jetzt ganz in der Kante, fast senkrecht kletterten wir an dem herrlich festen Fels empor; dann schwenkten wir rechts ab. Der Biwakplatz der Erstersteiger lag vor uns (9 Uhr 30).
Das folgende steil aufragende Wandstück bietet bei genauem Überlegen keine besonderen Schwierigkeiten; wir erreichten die Spitze des die Gratrippe krönenden Pfeilers, ohne eine anstrengende Stelle gemacht zu haben. Nun standen wir bei dem Steinmanne, über den wir uns voriges Jahr so geärgert hatten, wir hatten die Höhe unseres damaligen Ausstieges erreicht. Als wir nach Hinterlassung unserer Karte mit Zeitangaben den Weg fortsetzten, umgab uns dichter Nebel. Das anfangs breite, schuttbedeckte Ausstiegsband,
das wir jetzt betraten, verschmälert sich allmählich, die Wand links nimmt kletterbare Formen an, und dort, wo sich das Band nach Ansicht unserer Vorgänger ganz in Überhängen verliert, überkletterten wir einen mannshohen Riß und standen auf der Fortsetzung des Bandes. In leichter, aber sehr ausgesetzter Kletterei kamen wir an das Ende des Bandes und betraten genau an dem höchsten Punkte der Wand - noch etwa 30 Meter höher als die Erstersteiger - das Kugyband (10 Uhr 15).
Wir hatten also für die Wand selbst, 15 Minuten Rast eingerechnet, 4 Stunden 45 Minuten gebraucht. *) Ein eisiger Sturm nahm uns sofort in Empfang. Schnell entledigten wir uns der Kletterschuhe und liefen das Kugyband abwärts dem Gletscher zu. Der heftige Wind hatte aber auch sein Gutes: Bald hörte es zu regnen auf, und als wir vollends aus dem Nebel kamen, blickte auch schon die Sonne durch. Statt der Besteigung des Gipfels nahmen wir Sonnen- und Schneebäder, die uns soweit erfrischten, daß wir den Entschluß faßten, gleich am kommenden Tage der Mangart-Nordwand einen Besuch zu machen.
*) Dieser gewaltige Unterschied gegenüber den Zeiten der Erstersteiger ist auffallend. Bekanntlich erfordert ja jede neue Tur ein langsameres Gehen und gibt leicht Anlaß zu Zweifel und Unschlüssigkeit, die hemmend auf deren Verlauf einwirken und bei Nachfolgern, die über die Durchführbarkeit des Unternehmens im klaren sind, in Wegfall kommen. Aber selbst diesen Umstand in Rechnung gebracht, stimmt die Sache nicht, und muß ein anderer Grund die Ursache gewesen sein. Der Qualifikation der Herren Dr. König und Ing. Reinl wird wohl niemand nahetreten wallen, bezüglich des dritten Teilnehmers an der Tur wissen wir aber, daß er dazu weder eingeladen war, noch imstande gewesen wäre, sie selbständig durchzuführen; er war die Ursache des langsamen Vorrückens, für ihn mußten die Mauerhaken eingeschlagen werden, seinetwegen ergaben sich endlose Seilmanöver und mußte schließlich sogar biwakiert
werden, Und dieser Teilnehmer, der eine mehr als passive Rolle gespielt, veröffentlichte den marktschreierischen Bericht im "Neuen Wiener Tagblatt", wobei er es für gut fand, die Marmolata-Südwand und Watzmann- Ostwand, die er selbst niemals durchklettert hat, in Vergleich zu ziehen! (Die Schriftleitung)
(Abb.: die Anstiegsskizze des Verfassers)
ÖAZ 1907 und Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1907 Bd.24/Seite 294
Winter 1906/1907 Mitterndorf in der Steiermark:
Ab dem Jahr 1906/1907 kamen im Winter auch die skisportbegeisterten "Städter" nach Mitterndorf, in das Ennstal der Steiermark. Unter Ihnen der akademische Maler Gustav Jahn und Mizzi Langer-Kauba, die Besitzerin des großen Sportgeschäftes in Wien. Von diesem Zeitpunkt an ist die Skigeschichte im Oberascher Gästebuchbuch und in den Langer-Sportkatalogen eindrucksvoll dokumentiert: Skikurse mit Mathias Zdarsky aus Lilienfeld, Trygve Smith aus Kristiania, Norwegen und Carl J. Luther aus München fanden schon ab 1909 statt. Der erste Bergführer-Skikurs für Salzburg, Oberösterreich und Steiermark wurden 1911 hier abgehalten. Die damals praktizierten Techniken mit einem Stock, mit zwei Stöcken oder ganz ohne "Balancier-Stangen" wurden in Bild und Schrift festgehalten.
1911 war hier die Österreichische Meisterschaft im Skilauf, an der auch deutsche Skifahrer teil-nahmen, weil wir schon damals dem Mitteleuropäischen Skiverband angehörten. Große Schwierigkeiten bereitete die Unterbringung der vielen Gäste besonders auf der Alm. 1907 konnte als erstes Quartier die Rossalmhütte des vlg. Torbauer, Tauplitz, winterfest gemacht werden. 1908 folgte die Grasalmhüne des vlg. Rantler, Krungl, beim Schneiderkogel. Schließlich richteten auch die anderen Bauern ihre Almhütten nach und nach für den Winterbetrieb ein. Zu Hilfe bei Notfällen wurde schon 1907 der "Alpine Rettungsausschuss" ins Leben gerufen, der Vorgänger des heutigen Bergrettungsdienstes.
Fotos: Winter in Mitterndorf 1906/1907 vor dem Gasthof Leo Oberascher: (1) Amalie Köthe, (2) Mizzi Langer Kauba, (3) Franz Pollak, (4) Ferdinand Sulzbacher, (5) Hiob Engl und andere Wintersportler zum Abmarsch bereit, mit den Skiern am Trageriemen über der Schulter und dem Bambusstock in der Hand - Rechts im Hintergrund das alte Kaufhaus "Franz Köstler"
2.und 3.Februar 1907
Sportfest Wintersportklubs (WSK) des ÖTK am Semmering. Sieger im Abfahrtslauf vom Stuhleck:
1.Platz: G.Jahn (17:20‘‘) =ÖTZ 4/1907-65
4.-10.Februar 1907: Skikurs des WSK des ÖTK unter Leitung Rasmus Dahl aus Christiania, Assistenzen: G.Jahn, C.Kutscha;
(Quelle ÖTZ 1907)
Originaltext aus dem "Wiener Sportblatt" vom 24. Februar 1907:
Gustav Jahn, einer der besten Ski-Läufer Österreichs, hat in dieser Saison besondere Erfolge aufzuweisen; er gewann das Abfahrtsrennen von der Frauenalpe, ein Rennen auf dem Semmering und das Abfahrtsrennen von der Predulalpe u.s.w.
Gustav Jahn ist ein sehr vielseitiger Läufer, er ist nicht nur ein guter Schnell-Läufer, sondern auch ein guter Springer und ein guter "Telemarker".
Gustav Jahn, ein Mitglied des Wintersportklub des Oe.T.C. ist, huldigt der norwegischen Schule.
9.-12.Mai: Skikurs des WSK des ÖTK beim Ottohaus. Leitung: Baumgartner, G.Jahn, C.Kutscha.
(Quelle ÖTZ 1907)
Vom Ortler.
Anläßlich des Geburtstages des österreichischen Kaisers am 18. August fand am Vorabende dieses Tages auf der Payerhütte ein intimes, sehr gelungen verlaufenes Kaiserfest statt. Einige von den Felswänden mächtig widerhallende Böllerschüsse verkündeten den Anfang der Feier. Nach vollständig eingetretener Dunkelheit wurde von Herrn Gustav Jahn aus Wien ein wirklich schönes Feuerwerk, bestehend in prächtigen Raketen, Lichtkugeln u. f. w., abgebrannt. Das Schönste jedoch war jedenfalls die Beleuchtung der Tabarettawand. Bei dem darauffolgenden Festschmaus hielt Herr F. Szalnay die Kaiseriede. Auch exquisiten Schaumwein gab's da oben auf der luftigen Höhe, den die als wahre Touristenmutter bekannte Wirtin der Payerhütte zur Feier des Tages beigestellt hatte. Alles war in heiterster Stimmung und nicht allzufrüh endete der Festabend. — Ein zweites Fest mit Feuerwerk war am 22. August anläßlich der Anwesenheit des Vorstandes der Alpenvereins-Sektion "Prag", des berühmten Alpinisten Herrn Johann Stüdl. Bekanntlich ist ja die Payerhütte Eigentum dieser Sektion. Ueber die Bewirtschaftung der Payerhütte hört man, wie nicht anders zu erwarten, nur Lob. Fräulein Anna Rauth ist ihren Pflichten als Hüttenwirtschafterin in jeder Hinsicht gewachsen und tut, wo sie nur kann, gerne noch ein übriges, um ihre Gäste ja in jeder Weise zufriedenzustellen. Der Touristenverkehr auf der Payerhütte war Heuer wiederum ein außerordentlich reger.
OT aus Österreichische Alpenpost - Illustrierte Zeitung aus den Ostalpen (1907) Nr. 10 - Seite 255
Am 30.September 1907 ging die Leitung des ÖSV an den WSK des ÖTK über. Vorstand: 1.Vorstand Karl Habig jun., 2.Vorstand: G. Jahn. Beisitzer: Vereinsvertreter.
26.Dezember bis 30.Dezember: Skikurs des Sportklubs „Ampezzo“ in Cortina. Leitung: Otto Barth, Gustav Jahn. Am 31.Dezember: Skispringen und Skiwettläufe.=ÖTZ 24/1907 S.324.
(Quelle ÖTZ 1907)
1908
vollführte Jahn mit Pichl und Sohm die erste führerlose Ersteigung des Ortlers über den Rothböckgrat. Die gewaltige Presanella bestieg er das erste Mal über die Nordwand.
Ortlergebiet, Ortler, Neu: Ortler über den Rothböckgrad (2. Ersteigung - 1. führerlose); Presanella - Nordwand (1. Ersteigung); im Gesäuse der Ennstaler Berge, Semmering, Rax, Glocknergebiet, , Adamellogruppe
Wahl der Mitglieder des Hauptverbandes des Ö.S.V: Vorsitzender Jarl Habi jun. Wien, Stellvertreter Gustav Jahn, Wien.
Wahl Skitechnischner und Wettlaufausschuß: Dr. Camillo Baumgartner - Graz, Hans Handl - Innsbruck, Gustav Jahn - Wien, Viktor Sohm - Bregenz
(Quelle: Ski Chronik - Jahrbuch des Deutschen und Österreichischen Ski-Verbandes 1909-1910)
Österreichische Ski-Meisterschaften 1908
Die 2. Österreichische Ski-Meisterschaft wurde am 9. und 10. Februar 1908 im PinzgauerWintersportort Zell am See im Kronland Salzburg abgehalten. Zum Österreichischen Ski-Meister für das Jahr 1908 krönte sich mit einem zweiten Platz im Sprunglauf und einem Sieg im Langlauf Fritz Miller aus Innsbruck.
Die Meisterschaft kam im Rahmen des großen Zeller Wintersportfestes, das vom 9. bis 11. Februar dauerte und international ausgeschriebene Wettbewerbe im Rodeln, Bobfahren, Sprunglauf, Langlauf, Damen-Skilauf, Eiskunstlauf und Eisschnelllauf beinhaltete, zur Austragung. Für die Ausrichtung und Organisation zeigte sich die Wintersportvereinigung Zell am See gemeinsam mit dem Österreichischen Skiverband verantwortlich. Die Veranstaltung hatte unter großen Neuschneemengen zu leiden und konnte nur mit großer Mühe abgehalten werden. Die kurz darauf angesetzten Wintersportfeste in Kitzbühel und Salzburg mussten aus dem selben Grunde für dieses Jahr entfallen.
Für die Teilnehmer fand im Saal des Hotels Lebzelter eine durch das Zeller Streichorchester musikalisch untermalte Begrüßungsfeier statt. Im Namen der Marktgemeinde Zell am See begrüßte Bürgermeister Dr. Josef Müller u. a. das Präsidium des Mitteleuropäischen Ski-Verbandes (MESV), die Mitglieder des Österreichischen Skiklubs, des Österreichischen Eislaufverbandes, der Akademischen Ski-Klubs aus München und Innsbruck und die Vertreter des Skiclubs Arlberg. Die erwarteten Mitglieder des Ski-Club of Great Britaintrafen verspätet erst im Laufe der Nacht ein. Im Rahmen der Veranstaltung wurden Sport- und Skioptikonbilder von vergangenen Wintersportfesten in Zell am See, Kitzbühel und vom Arlberg gezeigt.
Bekannte Teilnehmer waren der Wiener Alpinist und Maler Gustav Jahn, der die Meisterschaft auf dem zweiten Platz beenden konnte, und der deutsche Skisportpionier und spätere Architekt Bruno Biehler aus München, der überlegen den Sprunglauf für sich entscheiden konnte.
Wettbewerbe:
Sprunglauf Senioren
Der auch zur Österreichischen Ski-Meisterschaft zählende Seniorensprunglauf wurde am Sonntag, den 9. Februar um 14:30 Uhr mit (je nach Quellenlage) 12 oder 13 Teilnehmern gestartet. Für die drei Erstplatzierten gab es Ehrenpreise, die am Abend bei der Preisverleihung im Hotel Krone überreicht wurden. Für den ersten Platz hatte Erzherzog Eugen von Österreich-Teschen ein silbernes Likör-Service gespendet, das dem Münchener Bruno Biehler überreicht wurde.
Den weitesten Sprung des Tages erzielte außer Konkurrenz Hauptmann von Eccher mit 23 Metern. Für die Reihung war neben der Weite auch die Anzahl der gestandenen Sprünge ausschlaggebend. Rund 2/3 der Sprünge konnten gestanden ausgeführt werden. Die Weite des Sechstplatzierten Otto Rasim wird unterschiedlich mit 15 und auch mit 16 m angegeben. Die Beteiligung der Zuschauer wurde durch die Journalisten als sehr lebhaft die Leistung der Sprungläufer als hervorragend eingestuft.
Platz Land Sportler Verein Weite Note [1]
1 GER Bruno Biehler A.S.C. München 25,0 m / 2 gest. 1,20
2 AUT Fritz Miller Ski-Klub Innsbruck 16,5 m /2 gest. 1,48
3 AUT Gustav Jahn Ö.W.S.C. Wien 18,2 m / 3 gest. 1,50
4 AUT Oswald von Eccher Ski-Klub Innsbruck 18,9 m
5 AUT Philibert Embacher Ski-Klub Innsbruck 17,1 m
6 AUT Otto Rasim A.S.K. Innsbruck 15,0
Langlauf
Der zur Meisterschaft zählende alpine Fernlauf wurde am 10. Februar ausgetragen. Von den sieben gemeldeten Teilnehmern an der Österreichischen Ski-Meisterschaft wurden vier nach dem Sprunglauf wegen ungenügender Leistung vom alpinen Fernlauf ausgeschlossen. Zur Teilnahme waren nur Fritz Miller, Gustav Jahn und Handl, der aber wegen einer im Springen erlittenen leichten Verletzung nicht antreten konnte, berechtigt.
Die zwei verbliebenen Meisterschaftsteilnehmer starteten gemeinsam mit den Läufern des Bergführer-Wettlaufs und den Teilnehmern um den Preis der Marktgemeinde Zell am See. Gestartet wurde zu Mittag auf der Schmittenhöhe. Die Strecke führte über eine Distanz von sieben Kilometern und war durch eine 30 bis 50 cm hohe Neuschneedecke besonders schwierig zu bewältigen. Der schnellste Läufer kam nach 24 Minuten und 30 Sekunden ins Ziel.[2]
Platz Land Sportler Verein Note
1 AUT Fritz Miller Ski-Klub Innsbruck 1,13
2 AUT Gustav Jahn Ö.W.S.C. Wien ?
Zusammengesetzter Lauf
In der Kombination aus dem Sprung- und Langlauf (heute Nordische Kombination genannt) setzte sich Fritz Miller vor Gustav Jahn durch. Der Innsbrucker krönte sich damit zum Österreichischen Ski-Meister pro 1908.
Platz Land Sportler Verein Note
1 AUT Fritz Miller Ski-Klub Innsbruck ?
2 AUT Gustav Jahn Ö.W.S.C. Wien ?
Quellen: SalzburgWiki
Am 9. und 10. Februar 1908 in ZELL AM SEE, siegte FRITZ MILLER aus INNSBRUCK. Zweiter wurde GUSTAV JAHN vom ÖWSC beim Hauptverbandswettlauf vom Skiclub in Zell am See.
Ergebnis Senioren-Abfahrtslauf:
1. Fritz Miller S.C.I, Innsbruck Note 1.130
2. Gustav Jahn W.S.C. Wien Note 1.151 (ÖWSC)
Ergebnis Senioren-Sprunglauf:
1. Bruno Biehler A.S.C.M. München 25 m, Note 1.20
2. Fritz Miller S.C.I, Innsbruck 16.5 m, Note 1.48
3. Gustav Jahn W.S.C. Wien, 18.2 m, Note 1.50 (ÖWSC)
Die Meisterschaft des Östereichischen Ski-Verbandes für 1908 fiel somit Herrn Fritz Miller S.C.I., zu
(Quelle: Ski Chronik - Jahrbuch des Deutschen und Österreichischen Ski-Verbandes 1910)
Julische Alpen (Triglavgruppe)
Prisang, 2555 m. I. Erst, über die Ostwand durch Richard Gerin und Gustav Jahn* Wien am 19. Juni 1908
(ö.Ä.Z. 1909, S. 137; Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.36 (1910) Nr.3 - Seite 37)
(Cima) Presanella Nordwand
(Adamello-Gruppe), 3556 M (Jahn-Sohm Pfeiler
Erstbesteigung durch Gustav Jahn und Viktor Sohm am 04.08.1908
Nome: Mittel Pfeiler - Spigolo Centrale
Prima Ascensione: G. Jahn e V. Sohm
Data: 04/08/1908
Dislivello: m 500
Difficoltà: PD passaggi di terzo
1864. First recorded ascent: D. W. Freshfield with H. A. Beachcroft, H. Walker and two guides.
1864. Second ascent: Julius Payer.
1906. First ascent over the north face: P. Arici, U. Croux and E. Brocherel.
1908. North wall pillar: G. Jahn and V. Sohm.
1937: North wall (55 degrees): R. Maculotti and G. Faustinelli.
1949: East wall first ascent (UIAA V.): B. Detassis, C. Detassis, G. Alimonta, S. Serafini and N. Vidi.
1972: North wall ski descent: H. Holzer.
Planspitze im Gesäuse (2120 m) 1. Ersteigung über die N.O. Wand durch Gustav Jahn, J. A. Weiß und Eduard Pichl am 27. September 1908
(li.) Gesäuse Geröllband in der Nordwand der Planspitze - Pichlweg, eine Aufnahme aus 1920
(mitte) Die Planspitze im Gesäuse, ein Motiv vom Plakat "Gesäuse", entworfen von Gustav Jahn, im Auftrag der K. K. Staatsbahnen
Abb. unten: Grafiken der Anstiegsrouten aus dem "Führer durch das Gesäuse und durch die Ennstaler Gebirge", von Heinrich Heß und Ing. Eduard Pichl, JG. 1922, sowie eine Aufnahme der Planspitze Nordwand
(Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.36 (1910) Nr. 2 - Seite 20)
Wintersport 1908:
Der Kunstmaler GUSTAV JAHN, Mitglied und Mitbegründer des ÖWSC (Österreichischer Wintersport Club), war auch Pionier des Skilaufs und Skisprunges auf der RAX, dem Schneeberg und am Semmering.
Auf der Rax hielt er zum Beispiel in der Mulde beim OTTOHAUS, dem sogenannten "Lavòir", zwischen 9. und 12. Mai (!) 1907 (Bild links) seinen ersten großen Skikurs, sowie ein Junioren- und Seniorenlaufen, ein Stillaufen und einen Sprungbewerb ab.
Über 200 Konkurrenten nahmen an dieser Veranstaltung teil, die in späteren Jahren als Saisonausklang und Klubmeisterschaft des ÖWSC zur Tradition wurde.
Gustav JAHN erteilte aber nicht nur Skiunterricht beim ÖWSC sondern fuhr sogar bis nach CORTINA um Skikurse zu halten. Aber nicht nur der Skilauf sondern auch das Skispringen wurrde gelehrt
1909 baute der ÖWSC unter Anleitung von JAHN drei Übungsschanzen auf dem SEMMERING, auf denen man Weiten von 7, 15 und 22 Meter erreichen konnte.
JAHN, selbst einer der erfolgreichsten Springer jener Zeit, stand auch dort seinen Schülern zur Verfügung.
(Abb.) Zeichung Skisprung - vermutlich eine Selbstdarstellung Jahns ...
DIE LIECHTENSTEINSCHANZE AM SEMMERING
Bald schon waren die 1909 vom ÖWSC errichteten Schanzen auf dem SEMMERING zu klein geworden, und so ging man nach einem Vorschlag ROGER DE RIEDMATTENs daran, eine neue, große Anlage in unmittelbarer Nähe des Passes zu errichten.
Fürst LIECHTENSTEIN, der Besitzer des Grundes, gab seine Einwilligung und 1911 konnte nach den Plänen GUSTL JAHNS mit dem Bau begonnen werden.
Es war eine Schanze der Superlative: 245 m Gesamtlänge, Höhenunterschied 80 m, Anlauf 70 m mit 20 Grad Neigung (sogar ein Anlaufturm wurde errichtet, der erste in Europa).
Der Aufsprung war 125 m lang, mit einer Maximalneigung von 32 Grad. Auf der Schanze, die insgesamt 50.000 Kronen kostete, sollten Weiten bis 45 m erreicht werden. Sie galt lange Zeit wegen des Drucks und der Luftigkeit als besonderer Prüfstein.
Nach der Fertigstellung zeigten sich dann auch die wahren Könner und Helden ihrer Zeit. Mit eleganter Haltung - Arme seitlich und die Brust weit nach vorne gestreckt, ging es in Adlerähnlicher Haltung dem Tal entgegen - und bald schon wurden dann die ersten "unglaublichen" Weitenrekorde von über 45m erreicht, die Schanzenrekorde kletterten ständig nach oben und eine Rekordweite jagte die andere.
(Abb. li.) Beim Sprungbewerb am Semmering. Auch die hier gezeigte Zeichnung (re.) eines Skispringers wurde von GUST. JAHN entworfen und vermutlich hat er sich hier beim Sprung auch selbst dargestellt
All diese Wintersportaktivitäten hatten zur Folge, dass die Durchführung der Rennen um die österreichische Meisterschaft 1909 dem ÖWSC gemeinsam mit dem VERBAND STEIRISCHER SKILÄUFER ausgetragen wurde. Die Meisterschaft des ÖSV wurde im Rahmen des alljährlich stattfindenden "Haupt-Verbandswettlaufs" vergeben.
Entscheidend war das Ergebnis im sogenannten "Zus-Lauf" (Zu-sammengesetzter-Lauf, eine Kombination von Lang- und Sprung-Lauf). Die erste Meisterschaft wurde am 5. und 6. Jänner 1907 in KITZBÜHEL durchgeführt und von DR. Rudolf Bieler (Dresden) gewonnen.
Im nächsten Jahr, am 8. und 9. Februar 1908 in ZELL AM SEE, siegte FRITZ MILLER aus INNSBRUCK. Zweiter wurde GUSTAV JAHN vom ÖWSC.
Überhaupt werden nun die Rennen regelmäßiger durchgeführt, sie beginnen Tradition zu entwickeln. So hielt der ÖWSC ab 1907 Abfahrtsläufe vom STUHLECK-PRETULGEBIET nach MÜRZZUSCHLAG ab, wobei der erste Preis ein prächtiger Wanderpokal war.
Nachdem GUSTAV JAHN 1909 den Lauf zum dritten Mal gewonnen hatte, ging der Pokal endgültig in seinen Besitz über.
Natürlich gaben diese Aktivitäten dem Skisport auf der RAX ungeheuren Auftrieb, noch dazu, wo im gleichen Jahr in der Nähe der Bergstation, im sogenannten WOLFSTAL, die "GUSTAV- JAHN-SCHANZE" eröffnet wurde. Es gibt auch Hinweise auf ein Skispringen in Kitzbühel im Jahre 1908, an dem Jahn teilnahm und viele Preise errang.
April 1921 beim Gustav Jahn-Schirennen:
Im Dezember 1920, also ein Jahr nach dem Tod von Gustav Jahn, wurde das "Österreichische Sportabzeichen" aus der Taufe gehoben und es wurden bereits im April 1921, beim Gustav Jahn-Skirennen des Österreichischen Wintersport-Klubs auf der Rax, die ersten Abnahmen durchgeführt.
1908 Ersteigung des ORTLER über den Rothböckgrat
(2. Ersteigung - 1. Führerlose) zum Gipfel durch Gustav Jahn, Ing. Eduard Pichl und Viktor Sohm
Abbildungen:
Zu sehen sind hier ebenfalls 2 Zeichnungen von Gustav Jahn aus dem Jahr 1908:
(li.) "Der Ortler mit Martl- und Rothböckgrat" und (re.) "Der Ortler mit seinen Abstürzen am End-der-Welt-Ferner" (1=Gipfel 2=Signalkuppe am hinteren Grat >=Martlgrat (ganz links)
"Ortler über den Rothböckgrat" - von lng. Eduard Pichl in Wien
XXXI. Jahrgang. Wien, 20. Februar 1909 . Nr. 780.
Es war der 30. Juli 1908, als ich nach einigen schönen Turen in der Dachsteingruppe, über Beidewasser kommend, mit meinen Freunden Gustav Jahn und Viktor Sohm in St. Gertraud verabredetermaßen zusammentraf. Gustl, der eine fruchtbare künstlerische Tätigkeit entfaltend, schon längere Zeit in Sulden weilte, hatte vor allem Lust auf den Rothböckgrat und auch uns anderen schon lange Zähne darauf gemacht. Bisher wußten selbst unter den ältesten und jüngsten Ortlerstammgästen nur wenige von diesem Grat, der aus der trostlosen Moränenwüste des Marltferners zuerst parallel mit dem südlich von ihm streichenden Marltgrat emporzieht und sich hoch oben unter dem Rande des Ortlerplateaus mit dem Marltgrat vereinigt.
Wurde bisher von einem Marltferner schlechtweg gesprochen, so bringen es die Entdeckung und die Bedeutung des neuen Grates mit sich, daß wir nun wohl einen südlichen und einen nördlichen Ast des Marltferners unterscheiden müssen, von denen der erstere zwischen Marltgrat und Rothböckgrat sein Bett findet, während der nördliche Ast den letztgenannten nördlich begrenzt. Bloß Dr. Niepmann erwähnt in seiner Monographie der Ortlergruppe, Jahrbuch des D . u. Ö. Alpenvereins 1906, diesen Grat und nennt ihn eine Variante des Marltgrates, ,welche schwerlich viele Liebhaber finden dürfte, da sie nach Pinggeras Aussage noch größere Schwierigkeiten biete als der untere Teil des Marltgrates und dessen schlechteste Stellen bei der neuen Route nicht vermieden werden".
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Begangen wurde der Grat zum ersten Male von den Führern Friedrich Angerer und Franz Pinggera und einem einheimischen Suldner, Heinrich Rothböck, am 30. Juni 1904, seit welcher Tur der Grat auf den Namen Rothböckgrat getauft wurde. Wir vollführten die 2., die 1. führerlose und, wenn man will, die 1. turistische Ersteigung, da Rothböck seinen Gefährten keinen Führerlohn bezahlte. Ich muß mich vor allem gegen die wegwerfende Bezeichnung "Variante" wenden, welche der Rothböckgrat ebensowenig verdient, wie man z. B. den Weg über die Nordwand des Patteriols zu einer Variante der Ostwandroute degradieren könnte, oder so wenig jemand den Schmittkamin an der Fünffingerspitze eine Variante des Daumenschartenweges schimpfen dürfte, nur aus dem Grunde, weil das oberste Stück des Weges, der Ausstieg, gemeinsam verläuft.
Ich möchte, um ein Bild zu gebrauchen, die beiden Grate als ein Brüderpaar bezeichnen, von dem der eine, der Marltgrat, von Anfang an zielbewußt und schneidig seinen geraden Weg zur Höhe nimmt, während sein Bruder Rothböckgrat, obzwar früher geboren, am Beginne seiner Laufbahn sich planlos in Schrofen verbreitet und erst in reiferem Alter, etwa halben Weges sich besinnt, was er dem guten Rufe seines berühmten Bruders und dem Ansehen des gemeinsamen Vaters Ortler schuldig ist. Er wird unvermutet ein Charakter, veredelt sich und wächst, plötzlich stolz und steil, sprunghaft zur Höhe jagend, über die ihn umdräuenden düsteren Firnbrüche und Eisrinnen mächtig hinaus. Vereint mit seinem an Wildheit bedeutend übertrumpften Bruder betritt er schließlich als schön geschwungener Firngrat sein Ziel, das obere Ortlerplateau nahe dem Gipfel.
Die beiden Grate sind selbständig; was alpine Existenzberechtigung betrifft, sind sie einander gleich, an Wertigkeit jedoch ist der Rothböckgrat dem Marltgrat über. Wer daran zweifeln und meine Behauptung für einen Ausfluß von Lokalpatriotismus, von augenblicklicher Begeisterung deuten sollte, der möge das von L. Friedmann aufgenommene treffliche Lichtbild "Ortler vom Schöneck", "Osterr. Alpenzeitung" I890, S. 38, betrachten; er wird gewiß die Überzeugung gewinnen, daß zwar der Marltgrat die direkteste Verbindung zwischen St. Gertraud und der Ortlerspitze darstellt, der Rothböckgrat aber keine Variante, kein sekundärer Grat, sondern der kühnere, extravagante Rivale des Marltgrates ist. Noch weit markanter, unvergleichlich wuchtiger tritt uns die Selbständigkeit des Rothböckgrates in dem von J ahns Künstlerhand mit Zugrundelegung einer Lichtbildaufnahme geschaffenen, beiliegenden Bilde entgegen - mit geradezu unheimlicher Lebendigkeit und Plastik wehrt sich der Grat in diesem Bilde gegen jede ungerechtfertigte Herabwürdigung. Dieses Meisterwerk Jahns kennzeichnet den Rothböckgrat besser, beweist die Richtigkeit meiner Behauptungen schlagender, als alle Worte es tun könnten. Jahn und Sohm hatten tagsvorher den besten Zugang zu den Felsen des Rothböckgrates ausgemittelt und mit Steintauben bezeichnet, so daß wir bei Ausführung der Tur voraussichtlich lange Zeit mit der Laterne gehen konnten.
Das Wetter zeichnete sich nicht besonders aus, der Ortler hatte nachmittags eine starke Haube; unbedingt gutes, stabiles Wetter war für uns aber unerläßliche Vorbedingung bei dieser Tur, von der Pinggera Freund Jahn versichert hatte, daß die Felskletterei sehr schwierig sei und er bei der ersten Begehung die Schuhe an einer Stelle habe ausziehen müssen, um sie zu bewältigen. Günstiges Wetter vorausgesetzt, wollten wir zeitlich aufbrechen; der Weg bis in die Felsen war weit, dort würden wir dann ja sehen, wie es mit der Witterung und damit mit der Fortsetzung der Tur stünde. Und das Glück war uns hold. Ein reiner Sternenhimmel überdachte uns, als wir drei am Morgen des 31. Juli um 2 Uhr vom Hotel Eller mit leerem Magen und brennender Laterne abmarschierten.
Wir folgten dem zur Payerhütte führenden Wege, ein ihn querendes Bächlein füllte unsere Flaschen (es war auch das letzte Wasser, welches wir fanden und verließen ihn um 3 Uhr 15 bei einer Orientierungstafel, um einen hier endigenden Moränenrücken der Marltfernerzunge zu ersteigen und denselben bergeinwärts zu begehen. Jahn fand mit Sicherheit die gelegten Steintauben, und so gelangten wir im grauen Zwielichte rasch vorwärts. Später hielten wir uns links gegen die Brüche des südlichen Astes und stiegen in der Schneerinne, welche knapp nördlich neben dem linken Ufer des erwähnten Astes durch eine mächtige Moräne getrennt emporzieht, hinan.
Ober uns drohten die Seraks des Ferners - für uns ein hinreichender Grund zu möglichster Eile. Kurz vor dem oberen Ende der Schneerinne, die uns durch ihre gute Beschaffenheit erfreute und uns jegliche Stufenarbeit ersparte, stiegen wir nach rechts in die Schrofen aus, deren übereinander gebaute Terrassen wir in einer Schleife von rechts nach links ohne Schwierigkeit überwanden, und betraten um 6 U. den Schuttrücken, der den Übergang zum Steilaufschwunge des Grates bildet und im Sommer gar oft unterm Schnee begraben liegen mag. Hier endlich machten wir die erste Rast, jene Gelegenheit, die ansonsten zu einem ausgiebigen Frühstück verwendet wird. Wir aber durften nicht lange weilen, denn die heiklen Firnschneiden des obersten Teiles des Marltgrates beabsichtigten wir womöglich noch vor Mittag hinter uns zu bringen, und so schoben wir denn einige Bissen in den Mund, Gustl qualmte etliches aus seinem Pfeifchen, dann ging's weiter.
Über brüchigen Fels dem Rücken entlang schreitend gelangten wir zu dem Steilabsatz des Grates, der mit einem spitzen Turme gegen den Rücken abbricht, und querten in ganz elendem Gestein oberhalb der jähen, den obersten Kessel des südlichen Marltferners speisenden Firnhänge auf Bändern nach links, bis wir durch eine außerordentlich brüchige Rinne nach rechts gegen die Grathöhe ansteigen konnten. Die Rinne erleidet in ihrer Mitte eine Biegung nach links, krümmt sich gleich darauf wieder nach rechts und mündet knapp neben dem Turme auf dem Grate. Nun auf diesem bleibend - einige von rechts heraufzüngelnde kurze Firnschneiden sorgten für Abwechslung in der mittelschwierigen Kletterei - gewannen wir rasch an Höhe; schon bemerkten wir einige vom Ortler über das Tschirfeck absteigende Partien, denen Jahn seinen Kuckucksruf hinübersandte. Höher oben wendet sich der Grat ausgesprochen nach rechts und stößt nicht lange darnach mit einem Schneesattel an die sich jetzt energisch aufbäumende Wand an. Zwei Meter etwa steigen wir in die Scharte hinab, überschreiten den kurzen Sattel und erklettern jenseits anstrengend über eine große, feste Platte, die durch einen gegen uns gekehrten Spalt, ähnlich einer etwas geöffneten Tür, von der Wand getrennt ist, dann noch etwas emporsteigend den Fuß der Steilwand.
- Der Eindruck, den diese auf uns macht, ist ziemlich niederdrückend. Die senkrechte Wand vor uns weist jeden Gedanken an einen Versuch ab; links von ihr müht sich zwar ein schlechtes Bändchen von rechts unten nach links oben durch die steilen Felsen, wird jedoch von oben mit Steinen beschossen, ist also auch wenig verlockend; rechts von der Mauer vor uns kriecht eine magere Einbuchtung, von uns optimistisch und taxfrei zu einer "Rinne" erhoben, zu Überhängen darüber hinan, und weiter rechts draußen starrt ein aus der Wand losgelöster Turm himmelwärts.
Jahn, der vorausgeht, wählt die "Rinne". Zuerst geht es über einen glatten Block nach rechts herum und neben der Steilkante der Wand vor uns mit spärlichen Tritten sehr schwierig und steil über die vereisten und schneebedeckten Platten empor. Zum Glücke bietet die Kante links einen schiefen Riß und somit für die linke Hand einen guten Halt, der hier aber schon höchst notwendig ist. Unter dem Überhange, der der "Rinne" oben ein Ziel setzt, angekommen, spreizen wir nach links und erklettern mit einigen guten, großen Griffen mühsam den Kopf der Steilwand. Jahn hatte diese schwierige, anstrengende und gefährliche, etwa 20 Meter hohe Wegstrecke, welche jene sein dürfte, die Pinggera ohne Bergschuhe machte, in gewohnt meisterhafter Weise bewältigt. So sehr er mich später ersuchte, dies nicht zu erwähnen, und so sehr ihm in seiner Bescheidenheit diese Feststellung unlieb sein wird, wäre es wider mein Gewissen, seine Leistung zu verschweigen; die Wand ist sehr bös, und wer sie als Erster bezwingt, hat viel getan. Ober uns erblickten wir jetzt die dreieckige, höher oben an den ersten
Marltturm* anschließende Felswand, die rechts unten in einem spitzen Winkel endigt. War das überwundene Stück wegen seiner Steilheit und Vereisung gefährlich, so zeichnete sich das bis zum rechten Scheitelpunkte der ober uns liegenden dreikantigen Wand folgende durch höchst unsichere Kletterei in fabelhaft morschen Platten aus. Über Schnee und Fels gelangten wir zu einem einige Meter hohen Wandl, das wir schwierig überkletterten, worauf uns der " Weg" zu dem erwähnten Eckpunkte der schwarzen Felswand führte, mit dessen Erreichung wir, wie richtig vermutet, das Allerschwierigste und Schlimmste überstanden hatten. Da die Firnwand rechts neben uns den Fels etwas überhöhte, vertrauten wir uns jetzt dieser an, stiegen ungefähr 15 Meter in Stufen empor und wandten uns sodann in geschlagenen Eisstufen den Felsen linkerhand zu, womit der Felsgrat wieder betreten wurde. Einen herrlichen, aber auch fast niederdrückenden Genuß gewähren besonders zur Rechten die Rund- und Tiefblicke, welche das weltentrückende, erhebende Gefühl einer beständigen, ungewöhnlichen Ausgesetztheit schon bis zur mählich anschleichenden Unbehaglichkeit steigern. Die vom Ortlerplateau und den Firnkämmen der letzten Marltgrattürme abfließenden Schneeströme verraten in unserer Nachbarschaft die unter ihnen lauernden Eisbrüche, gewaltige weiße Überhänge setzen an zum Sprunge in die unheimlichen Schlünde, die zum nördlichen Zweige des Marltferners hinabstürzen, Stein und Eis dröhnen durch sie hinab - die ergreifende Sprache des Hochgebirges!
Den erreichten Felsgrat zum Weiterkommen benützend, betraten wir kurze Zeit hierauf eine Scharte, von der wir zuerst ein wenig nach links abstiegen und dann über schwarzen, weichen, blätterigen Schiefer, in dessen Brei wir mit den Fingern wie in nassen Kohlenstaub versanken, links vom Grate auf einem Bande in der Ostflanke des ersten Marltturmes anstiegen. Am Beginne dieses Bandes wurde ein kleiner Stein mann errichtet und Jahns Karte samt unseren Namen darinnen geborgen. Unter kleinen Überhängen schritten wir auf dem Bande nach links weiter, kletterten durch einen engen Riß und mittels Zugstemme in festem Fels anstrengend empor. Gleich darauf standen wir auf der Spitze des ersten Marltturmes. Es war 12 Uhr Mittag.
Sechs Stunden hatte die Kletterarbeit vom Beginne der ausgesprochenen Gratschneide bis hieher erfordert. Bis 12 Uhr 15 blieben wir auf den sonnerwärmten Platten liegen, dann traten wir den Weg weiter über den schöngeschweiften Firngrat zum zweiten Turme hinüber an. Bald standen wir beim Einstieg in die Felswand und kletterten in überschneiten Platten und über Blöcke zwar schwierig, aber gegen das frühere wesentlich leichter zur Spitze dieses letzten Turmes (I U. 15) - Schilderungen von Marltgratersteigern bezeichnen die Kletterei an diesem Turme unzuverlässig, das Gestein ungünstig geschichtet, die Neigung bedeutend, den Einstieg vom Firngrat aus sehr schwer und gefährlich; uns erschien im Gegensatze zur schauderhaften Brüchigkeit der schwierigen Stellen des Rothböckgrates die Kletterei hier als eine wahre Erholung, ein Beweis, wie sehr man nach besonders schwierigen und gefahrvollen Stellen minderschwierige zu unterschätzen geneigt ist und wie leicht man solches Terrain dann überwindet.
Was nun kam, schien kurz, aber nicht sehr vertrauenerweckend. Die Sonne legte sich mit Macht auf unseren Firngrat, der anfangs wenig steigend, aber als scharfe Schneide beginnend sich immer mehr aufrichtet und dabei verbreitert. Wenn der Schnee schlecht war oder nur in mäßiger Stärke auf dem Eise auflag, konnte noch viel Arbeit unser harren. Mit wenigen Schritten standen wir wieder auf der Firnschneide und landeten wenige Zeit später an der letzten kleinen, etwa 15 Meter hohen Felserhebung, die wir sowie den zweiten Turm von vorne erstiegen und über ein Band von links her überschritten. Das letzte Wegstück, der· bis auf das Plateau hinanziehende Firngrat lag vor uns. Er empfing uns mit einer dünnen, aber wenig geneigten Schneide, auf der das Gehen bald unmöglich wurde, und da das Abräumen des Kammes zu viel Arbeit und Zeit gekostet hätte, so gingen wir in der linken Flanke des Steilhanges, die Schneide innig unter den rechten Arm gedrückt. Unangenehm war dabei, daß der Schnee unter unseren Füßen fortwährend abrutschte; das zischende Geräusch der in die links gähnende Schuttrinne abgleitenden Schneemassen bot in dieser Lage gerade keine angenehme Musik. Langsam erhob sich unsere Schneide und verlor an Schärfe, so daß wir auf ihr selbst emporstapfen konnten und von einigen wenigen Stellen, wo der Fuß auf hartes Eis geriet, abgesehen, durch die Kraft des eingestoßenen Fußes im Schnee Halt fanden. Wie immer in solchen Fällen, dauerte dieses Schlußstück natürlich viel länger, als wir geschätzt hatten. Immer noch eine Seillänge und noch eine mußte ausgegeben werden, aber endlich - es war 2 U. geworden - standen wir droben auf dem weiten weißen Felde, die tiefgefurchte Heeresstraße des gewöhnlichen Ortlerweges unweit vor uns. Welch sonderbares Gefühl, nach so langer Zeit wieder eine ebene große Fläche vor sich zu sehen! Während des ganzen Aufstieges hatte uns das prächtigste Wetter begünstigt, und als wir nach 20 Minuten auf dem zertrampelten Gipfel saßen, genossen wir noch immer mehr von der Schönheit ringsum, als wir bei dieser vorgerückten Tageszeit verlangen konnten. - Auf dem üblichen Wege über die Payerhütte stiegen wir am selben Tage zur Table d'höte bei Eller ab.
Vom Gipfel absteigende Führerpartien hatten unsere Zurufe gehört und müssen uns auch gesehen haben, denn einige beim Abstiege von der Payerhütte uns begegnende Führer beglückwünschten uns, noch ehe sie von uns selbst etwas erfahren hatten. Jahn, Sohm und ich stehen, soweit uns bekannt ist, nicht im Geruche eines R. v. Englisch, und trotz alledem wurde Jahn, als er einige Tage später wieder nach Sulden kam, von Pinggera empfangen: "Na, den Rothböckgrat hab'n s' aber doch net gemacht, die Spuren waren auf dem Marltgrat." Als Jahn in Entrüstung sich erbot, 2000 Kronen zu erlegen und einen Führer als Begleiter mitnehmen wollte, um zum Wahrheitsbeweis die Tur zu wiederholen, da schwiegen freilich die Lästermäuler; kaum war Jahn jedoch weg, so wurde wieder vor Turisten getuschelt und gemunkelt, es könne nicht sein, daß wir den schwierigen Grat gemacht hätten, und wenn dies wirklich gewesen, so seien sicher die schwersten Stellen umgangen worden usw. Auf dem Rothböckgrat die schwierigen Stellen umgehen!! Die verbohrte Zweifelsucht und der Neid der Herren Führer charakterisieren sich zwar einerseits als Ausfluß des hohen Respektes vor dem Rothböckgrat, und das ist gewiß sehr schön, sie bilden aber auch zugleich ein beschämendes Urteil über die Felstüchtigkeit der betreffenden Führer, welche es nicht fÜr möglich halten, daß jemand den Grat und noch dazu durchaus in Nagelschuhen gemacht hätte. Und das ist weniger schön. So erging es Sohm mit der Nordwand des Seekopfes und mit der Nordwand-Ostgrat-Route des Patteriols, so glaubte kein Führer an die Triglavnordwand, bis nicht Führerlose einen von den Herren mitnahmen. Nun - uns schadet's ja nichts, vielleicht aber dem bisher guten Rufe der Suldner Führerzunft.
Die Begehung des Rothböckgrates ist auch bei schneefreieren Felsen, als wir sie fanden, eine Unternehmung, die ganz bedeutende Anforderungen stellt, die aber auch unvergleichlichen Lohn gewährt, es ist eine Tur, die nur bei sicherstem Wetter, nur bei besten Verhältnissen ausgeführt werden darf; ein ernster Wetterumschlag, ein eintretender Schneefall, der den Berg, steiger oberhalb der schwierigen Steilwand überrascht, müßte absolutes Verderben bedeuten. So oft wir beim Abstiege das 'Auge über den bezwungenen Grat wandern ließen, fühlten wir den tiefen Eindruck, den diese an Schwierigkeiten und Gefahren so reiche Bergfahrt in unsere Seele geschrieben, und wenn einer von uns damals die einfachen Worte gebrauchte: "Die Tur vergesse ich nicht und wenn ich hundert Jahre alt werde," so verkörpert dieser natürliche und vielsagende Ausdruck den lebendigen Widerhall der uns alle beherrschenden Empfindung, aus großen Abenteuern siegreich hervorgegangen zu sein, aus ihnen Gewinn geschöpft zu haben, fürs Leben.
*) Unter erstem und zweitem Marltturm meine ich die zwei letzten Türme unter dem Plateaurand, das oberste kleine Köpfchen nicht gezählt.
Presanella Nord (Adamellogruppe): Gustav Jahn & Viktor Sohm, am 4. August 1908.
Die Adamellogruppe ist ein großes, 3000–3500 m hohes Bergmassiv am Südrand der Ostalpen. Sie liegt an der Grenze zwischen den italienischen Provinzen Brescia und der Autonomen Provinz Trento, halbwegs zwischen Gardasee und Ortlergruppe, die jeweils 30 km entfernt sind.
Die AVE-Einteilung der Alpen zählt das Massiv zu den Adamello-Presanella-Alpen.
Höchster Gipfel ist die Cima Presanella (3.556 m s.l.m.) über dem Tonalepass
Primera, arista oeste: M. Beachcroft, Del Pero, F. Devouassoud, D. W. Freshfield y J. D. Walker, 25-8-1864.
1909 / 1910
1909 wurde Cortina als Standort gewählt und unter anderem auch die Einser-Nordwand durchklettert. 1910 finden wir ihn den Hohen Tauern.
(1909) Dolomiten (Einser Nordwand) Standort Cortina - O. Lang und R. Löschner in den Sextener Dolomiten, wo sie die Nordwand des Einsers durchklettern,
(1910) Hohe Tauern (Standort Kasern), Sextener Dolomiten, Wintersport auf der Rax, G. Jahn,
"Hans von Haid Steig"
Als Erfinder der touristischen Eisenwege muss jedoch der wiener Schlossermeister August Čepl genannt werden.Er sah es als seine seine
Berufung, die Raxwände begehbar zu machen. Seine weithin hörbaren Hammerschlägen, die durch die Wände der Rax um die Jahrhundertwende hallten, brachten ihme eine zweifelhafete Nachrede ein:"der narrische Čepl hämmert wieder".
Camillo Kronich, der Pächter des Ottohauses wusste Čepls Leidenschaft weidlich auszunützen.
Er, der Alpenmahler Gustav Jahn und der Schlossermeister Čepl suchten 1906 einen neuen Durchstieg im hinteren Winkel des Großen Höllentales. Man sagt Kronich nach, dass er dies auch aus dem Grund betrieb, damit die Bergsteiger und Kletterer direkt zum Ottohaus gelenkt wurden, also direkt zur heutigen Höllentalaussicht, um nicht auf der damaligen Speckbacherhütte am Wachthüttelkamm einzukehren.
1910 erfolgte also die Planung und der Bau des "Hans von Haid Steiges" in der Preiner Wand (1.783 m) der Rax. Eine der interessantesten, beliebtesten und kühnsten Klettersteige Ost-Österreichs! Nahezu durchgehend sehr steil und anspruchsvoll mit vielen ausgesetzten Passagen.
Um 1910 ließ Camillo Kronich den Haidsteig durch den Wiener Kunstschlosser August Cepl erkunden und unter der Beratung von Gustav Jahn erbauen. 1913 wurde er dann eröffnet. Camillo Kronich hatte das Projekt finanziert und der Kunstmaler Gustav Jahn hatte die "künstlerische Gestaltung" übernommen. Der untere Teil (Neuer Haidsteig) wurde erst später, im Jahr 1921 eröffnet.
Jahn entwarf u. a. auch die zwei langen und mittlerweile legendären Eisensteigbäume die Cepl anfertigte. Ein großer Teil der damals installierten Anlage ist heute noch im Original erhalten, wie z.B. die beiden langen Eisensteigbäume und viele (jedoch bereits stark verbogene) Eisenklammern und Halterungen. Der Steig befindet sich aber immer noch in einem sehr gutem Zustand und wurde bzw. wird regelmäßig mit neuen Stahlseilen und Verankerungen saniert. Ein sehr schöner und langer Klettersteig, der auch dementsprechend beliebt ist und nur mit Helm und Klettersteig-Ausrüstung begangen werden sollte. Für Ungeübte nicht geeignet! Mit seiner exponierten Linienführung durch das Massiv der Preinerwand gehört der Haidsteig zu einer der kühnsten und beliebtesten Steiganlagen Österreichs. Ein abwechslungsreicher Verlauf mit spektakulären Einzelstellen, Schwindel erregenden Tiefblicken und ausgesetzten Kletterpassagen in einer großartigen Landschaft machen den Haidsteig zu einem unvergesslichen Klettersteigerlebnis.
(Abb.: Foto von einer der legendären Eisensteigbäume die Cepl nach den Plänen Jahns anfertigte)
Da Kronich seinen reichen Gästen entsprechende Spenden für den Bau des Steiges abbat und auch unter seinen Stammgästen kräftig sammelte, erhielt der AV-Steig den Spitznamen "Judensteig". Leider ist auch das ein Beispiel für den damals weit verbreiteten Antisemitismus. Weiter unten im Text folgt die lesenswerte Originalbeschreibung über die Erstbegehung des (noch nicht versicherten) Alpenvereinssteiges. Die Arbeit Čepls ringt bis heute allen Begehern Bewunderung ab. "Kunstschlosser" war für diese Arbeiten fast eine Untertreibung.
9. Oktober 1910 der Alpenvereinssteig wird eröffnet
Der neue Raxsteig
Der tatkräftigen Anregung und eifrigen Mitwirkung des Pächters des schönen Erzherzog Otto Schutzhauses, Kamillo Kronich, sowie der Begeisterung einer opferwilligen Schar von Bergfreunden und der selbstlosen Tätigkeit des akademischen Malers Gustav Jahn verdanken die
Freunde der Rax die Entstehung eines neuen Raxsteigs, der zu den schönsten seiner Art gezählt werden muß.
Landschaftliehe Bilder von seltener Großartigkeit, reiche Vegetation, mehrere Kletterstellen, die trotz der reichlichen Versicherung des sportlichen Reizes nicht entbehren, sowie die Annehmlichkeit, vom Ausstieg in 15-20 Minuten beim Erzherzog Otto Schutzhause sein zu können: alle diese Vorzüge werden den neuen Steig gewiß in kürzester Zeit zu einem der beliebtesten Raxaufstiege machen.
Der neue Steig führt zum höchsten Punkt der Abschlußwände des großen Höllentals, dem Losbühel (zirka 1630 m) in prächtiger Anlage empor, er erhielt bei seiner Eröffnung, die am 9. Oktober in Anwesenheit des I.Präsidenten des Hauptausschusses, Hofrat Dr. A. v. Guttenberg und zahlreicher Bergfreunde durch den Vorstand unserer Alpenvereinssektion Reichenau, Herrn Hans Haid v. Haidenburg vorgenommen wurde, den Namen «Alpenvereinssteig». Der (blau markierte) Weg führt vom Eingang in das Große Höllental durch den ernsten Hochwald, durch den helle Felswände leuchten, talein, steigt, nachdem links der «Teufelsbadstuben Steig» abgezweigt ist, noch etwa lO Minuten gemeinsam mit dem Weg über das «Zahme Gaisloch» empor, wendet sich aber dann scharf nach links (östlich), verläßt bald darauf den geschlossenen Wald und gelangt über ein mächtiges Geröllfeld zum Einstieg. Die Szenerie ist hier von fesselnder Großartigkeit; im mächtigen Halbrund umsteht eine völlig senkrechte Wand den schutterfüllten Kessel und an dieser Wand führen die 50 m hohen, durch Plattformen getrennten Einstiegsleitern sehr steil empor. Dank der vorzüglichen VerSicherung wird dieser Wandabbruch gefahrlos überwunden. Von der kleinen Waldterrasse am oberen Rand erschließt sich bereits ein wundervoller Tief blick auf die Pracht des Höllentals. Durch einen kleinen Kamin, der mittels einer Leiter gangbar gemacht wurde, gelangt man hierauf in den untersten von sechs mehr oder weniger geräumigen Kesseln, die in Wechselvoller Wanderung leicht überwunden werden.
Besonders zu erwähnen ist ein hochalpiner, an Karwendellandschaften erinnernder Aufblick zu einem links aufstarrenden Turm. Eine schräg nach aufwärts führende Rampe führt aus dem sechsten Kessel zu einer Leiter empor, an die sich ein kurzes Band schließt. Dann leitet der Steig in mäßig steilen Windungen zur «Gustav Jahn Quelle», die das ganze Jahr hindurch ihr Naß spendet. Schon nach dem Passieren des fünften Kessels hat sich der Schneeberg gezeigt, der nun bei zunehmender Höhe immer mächtiger erscheint. Weitere Serpentinen und einige plattige, durch Drahtseile gezähmte Kletterstellen führen zur Höllentalaussicht und damit zum Plateaurand empor. Nach weiteren 15-20 Minuten ebenen, aussichtsreichen Wanderns gelangt man zum «Erzherzog Otto Schutzhaus».
(OT Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.36 (1910) Nr. 21 Seiten 258 und 259)
Die JAHN-QUELLE am ALPENVEREINSSTEIG auf der Rax - eine Aufnahme (1910) von Camillo Kronich
Camillo Kronich ließ die Jahn-Quelle 1910 am Alpenvereinssteig anlegen um die Wiener Bergtouristen mit frischem Wasser zu versorgen.
Er benannte und widmete sie seinem Freund Gustav Jahn und hatte es sich auch zur Aufgabe gemacht die Pflege und Instandhaltung unter seiner Aufsicht durchführen zu lassen.
Ein Jahr später wird Kronich auch noch den Gustav-Jahn-Steig finanzieren.
CAMILLO KRONICH
(geb.: 5.4.1876, gest: 1958)
Kronich war ein legendärer Pächter und Hüttenwirt des Erzherzog-Otto-Hauses auf der Rax und bewirtschaftete von 1903 bis 1952 den beliebten Treffpunkt für Wiens Ausflügler und Alpinisten. Kronich ließ später den einst so elitären Knappenhof in Reichenau erbauen, welcher 1907 unter der Leitung von Architekt Heinrich Hausleitner errichtet wurde und lange Zeit als beliebtes Urlaubsziel und als Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen galt.
Kronichs Mutter bewirtschaftete vorerst das Baumgartnerhaus am Schneeberg und war dort als Kronichmutter beliebt und bekannt. Sie übernahm 1893 bis 1903 als Pächterin die Bewirtschaftung des der Sektion Reichenau gehörenden Ottohauses. Camillo Kronich kam mit 18 Jahren auf das Ottohaus und blieb bis 1952 fast 60 Jahre dort. Er war der Herscher über die "vordere RAX" und hat eine Blütezeit der Raxtouren, die sogenannten "Raxpartien" mitgeprägt. Er war der Herbergsvater der guten und besseren Gesellschaft. Adel, Militärs, Künstler, Ärzte und viele reiche Bürger waren seine bevorzugten Gäste. Er selbst war der Organisator für Wege- und Steigebau: Törlweg, Seeweg, Brandschneide, Wachthüttelkamm sind untrennbar mit seinem Namen verbunden, ebenso wie die weltweit ersten touristischen Eisenwege (s.o.).
Kronich war ein Vorreiter der Wegmarkierungen, er ließ im Winter auch erstmalig Schneestangen aufstellen. Böse Zungen behaupteten, dass er dies nur zum Zwecke der Werbung tat, damit alle Bergsteiger nur zum Ottohaus geleitet wurden: jede seiner Markierungen versah er mit der Aufschrift: "Camillo Kronich – OTTOHAUS".
Kronich umgab sich mit seinen mächtigen Bernhardinerhunden, die er in Anlehnung an die Hunde vom Schweizer Hospiz als Rettungshunde und wohl auch als Statussymbole immer bei sich hatte. Er war ganz einfach ein kleiner Herrscher, der neben seiner Pacht am Ottohaus sowohl das Hotel Knappenhof (769m) als auch den Kronichhof (640m) in der Kleinau bei Edlach besaß. Es wurde überliefert, dass er dort jene Preise verlangten, die seinem Wertdenken entsprachen und nicht vom Alpenverein vorgeschrieben wurden. Aber auch im Ottohaus gab es die gedeckten Tische für die so genannte Gesellschaft und die Touristenstube für das Touristenvolk ...
Durch seine vielfache Rettungtätigkeit bekam er zu Recht schon am 4.6.1923 das "Grüne Kreuz"mit der Nr: 8 verliehen.
Eine so dominierende Persönlichkeit, musste natürlich auch mit kleinen und großen Seitenhieben rechnen. So viel er gelobt wurde, sich auch selbst darstellte, so gab es auch Kritik, von wenig begüterten Bergsteigern (siehe: Lukan, Rax-Schneeberg, 100 J. Ottohaus, Benesch, u.a.).
Abbildung: Jahnaussicht mit Blick ueber grosses Hoellental - Foto Camillo Kronich Ottohaus 1923
1910 Winter auf der Rax
1910 Osterreichischer SKI-VERBAND- Gustav Jahn, Wien wird als Beirat angeführt (Quelle Ski-Chronik)
Winter auf der Rax - Februar 1910
Im Winter war die Rax ein beliebter Treffpunkt für Skitourengeher, Skifahrer und Skispringer. Wintersportarten wurden zu dieser Zeit immer populärer und auch Gustav Jahn war gerne und oft dabei, um bei Wettkämpfen, als Instruktor oder als Skikursleiter sein Wissen und Können weiter zu geben.
Fotos: (li.) Maler Jahn und Söldner beim Doppelsprung und (re.) Winter 1910 im Raxgebiet - Die Sprungschanzen in der Nähe des Otto-Schutzhauses mit Ausblick auf den Schneeberg
1911
finden wir ihn abermals in den Dolomiten, Eröffnung des GUSTAV JAHN Steiges Rax/großes Höllental, Wintersport auf der Rax , Dolomiten
Der Gustav-Jahn-Steig auf der Rax
Abbildungen: Zwei Aufnahmen (li.+re.) von Camillo Kronich aus dem Jahr 1911: "Am Jahn-Steig auf der Rax" und "Grosses Höllental am Gustav Jahnsteig" sowie ein Foto von Uwe Girndt (mitte)
Der Steig wurde am 22. Juli 1911 der Benützung übergeben, über die Eröffnung gibt es in den alten alpinen Fachzeitschriften einige Meldungen:
So liest man in den Mitteilungen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins (Heft 15 vom 15.8.1911) folgenden kurzen Bericht:
Bei der Söldnerwand wurde vom Pächter des Otto Hauses C. Kronich ein neuer, versicherter Felsensteig angelegt, der nach dem Wiener Hochalpinisten und Maler Gustav Jahn "Jahnsteig" benannt wurde. Der Steig, der sich als eine Felsquerung vom Alpenvereinssteig zum Gaisloch darstellt und in einer Höhe von 1500 m das "Wilde" und das "Allerwildeste Gaisloch" durchquert, ist nur für felsensichere und schwindelfreie Geher zu empfehlen.
Seine Lage und Geschichte:
Der Gustav Jahn Steig stellt eine Querverbindung vom Gaislochsteig zum Alpenvereinssteig dar. Camillo Kronich ließ ihn vom Schlosser August Cepl errichten. Erstens, um Gäste zum Ottohaus umzudirigieren und zweitens, man soll ja nicht nur das Geschäftliche so in den Vordergrund stellen, sicherlich auch als Ergänzung zu den vorhandenen Steigen.
Wann mit dem Bau des Steiges begonnen wurde, konnten wir aus den Unterlagen nicht genau herausfinden. Nur über seine Eröffnung. Darüber gibt es in den alpinen Fachzeitschriften einige Meldungen:
So liest man in den Mitteilungen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins (Heft 15 vom 15.8.1911) folgenden kurzen Bericht: Bei der Söldnerwand wurde vom Pächter des Otto Hauses C. Kronich ein neuer, versicherter Felsensteig angelegt, der nach dem Wiener Hochalpinisten und Maler Gustav Jahn "Jahnsteig" benannt wurde. Der Steig, der sich als eine Felsquerung vom Alpenvereinssteig zum Gaisloch darstellt und in einer Höhe von 1500 m das "Wilde" und das "Allerwildeste Gaisloch" durchquert, ist nur für felsensichere und schwindelfreie Geher zu empfehlen. Der Steig wurde am 22. Juli der Benützung übergeben.
Im Gebirgsfreund vom 10.8.1911, Heft 8, wird noch kürzer über den Steigneubau berichtet. Die Eröffnung wird mit 23. Juli datiert. Im Heft 9 vom 15.9.1911 des" Naturfreundes " finden wir ebenfalls eine kurze Notiz über die Steigeröffnung. Wenn schon kein Datum oder unterschiedliche zu finden sind, in jeder Mitteilung wird der Name Kronich genannt.
Die Erstbegehung des Alpenvereinssteiges: Der Originaltext dürfte um 1926 - zum weiterlesen hier klicken und den Text aufklappen
das genaue Datum ist nicht bekannt, anlässlich "30 Jahre
Alpiner Rettungsdienst" oder anlässlich einer Ehrung Kronichs geschrieben worden sein. Das
Original ist in Form eines sehr schlecht lesbaren Durchschlags, versehen mit händischen
Korrekturen, vorhanden und besteht aus 6 verschiedenen Berichten ( 31 Seiten ), die hier im
Wortlaut wiedergegeben werden.
Zur Schilderung einer meiner erinnerungswürdigsten Rettungen bringe ich die Geschichte
der Erstbegehung des Alpenvereinssteiges. (1906)
Seit Jahren hatte ich schon den Gedanken gehegt, wegen der immer mehr und mehr
anwachsenden Begeisterung der Bergsteiger hier wieder der Wiener, neben den
Teufelsbadstubenweg einen Weg zu finden, welcher zum höchsten Punkt der Loswand empor
steigen würde.
Gar so manches mal war ich dann auch bei der heute als Höllentalaussicht bekannten Stelle
gestanden und hatte den von hier aus wirklich herrlichen Tiefblick, wie auch Rundblick
genossen und war dann auch hinuntergestiegen um zu sehen, wo da wohl so ein Durchstieg
ermöglicht werden könnte . Ich sah aber, dass der Durchstieg nur mit Anbringung der
künstlichen Hilfsmittel ermöglicht werden würde und hier war es nun wieder so, die
Steiganlage so zu führen, dass möglichst wenig Sicherungen angebracht werden müssen um
die natürliche Eigenheit dieses Wandteiles für den jeweiligen Bergsteiger auch in der Zukunft
zu erhalten
Als ich nun denn diesen Entschluss gefasst hatte, dass war im Jahre 1906, wollte ich gleich
auch an die Ausführung des Planes schreiten und tat mich bewusst dessen, mit den weit über
unsere Grenzen unseres Landes bekannten Gustav Jahn und. den Kunstschlosser Cepl um
sowohl die Erstbegehung dieses höchsten Teiles der Loswand, als wie auch die Möglichkeiten
diese Weganlage entsprechend zu sichern, zusammen.
Nachdem wir dann also alles, bis in die kleinsten Einzelheiten durch besprochen und
vorbereitet hatten, so war es dann an einem herrlichen Junimorgen als wir zu dritt durch das
herrliche grosse Höllental in dessen innerste Kar hinanstiegen. Sehr mühsam war der Anstieg
über den dort sehr hohen Schuttkegel, jedoch zeigte es sich aber auch sofort, dass bereits von
hier aus nach Überwindung dieses Kegels ein wunderbarer Tiefblick und Umblick möglich.
Wunderbar die gegenüberliegend Klobenwand, welche bereits von der Sonne beschienen in
den blauen Himmel hinein leuchtete Rechts steigen die Wände der Loswand empor während
ueber uns noch im tiefsten Frühschatten gelegen, sich die Wand gigantisch emporreckte. Der
heutige moderne Kletterer wird vielleicht darüber lächeln, für damalige Verhältnisse jedoch
war dies auch nach Ausspruch meines Freundes Gustl Jahn, die immerhin 5 - 600 Meter
aufwuchtende Wand ein Etwas das speziell durch die steilen grasbewachsenen Platten and
mit Erde vermengten Felsen, schon ziemlich einen Respekt einflössen konnte.
Als wir uns genug umgetan hatten, begannen wir uns anzuseilen und studierten nun den
Einstieg. Doch schon hatte Gustl den richtigen Ansatz gefunden und ehe wir uns richtig
versahen begann er durch einen ca. 20 m hohen Riss empor zu turnen. Schon ertönte sein Ruf
nachzukommen –nur ein kleines mit Gras bewachsenes Plätzchen war es, wo ich neben ihn
hintreten konnte und sofort seine Sicherung unternahm. Langsam schlängelte sich das Seil
über eine Kante nach linke, hinten welchen Gustl verschwunden war.
Rascher und rascher glitt das Seil durch meine Hände. Mein Ruf Seil aus, ertönte und schon
hieß ich unseren dritten Partner den bekannten. Kunstschlosser Cepl, welcher auch als
Kletterer bereits einen Namen hatte, nachfolgen.
Bald darauf stand ich wieder bei Gustl und nun konnte ich mit wahrem Genüsse den Freund
zusehen wie ei sich katzengleich dem Terrain anpassend und unter Anwendung höchster
Gleichgewichtskunst mehr und mehr auf ein kleines Band nach rechte und über eine
ausgesetzte Wand, welche anstatt Griffe, Grasbüscheln und Erde als Haltepunkt hatte,
emporschob.
Bald hatte er dieses unangenehme Stück hinten sich und nun kletterte ich diese Wand
nachdem vorher unser letzter Partner nachgekommen war, hinauf um auf einen herrlichen
groszen Platz, von dem aus sich auch die Wand nunmehr mit allen ihren Möglichkeiten vor
uns auftat, zu erreichen.
So viel wir hier bereits sehen konnten, hatten wir das steilste Stück aller Voraussicht nach,
wenn auch nicht das gefährlichste hinter uns. Wir berieten nun wie wir den Steig weiterführen
sollten und entschlossen uns die Fortsetzung, obwohl wie bereits erwähnt mehrere
Möglichkeiten gewesen wären, durch das steilste Stück weiter zu führen.
Wir stiegen daher über einen ansteigenden Grashang, an den Fuss einer grasdurchsetzten
Felswand hinan, welche durch ein Rinnensystem mehrere Seillängen weit bis zu einem Steilaufschwung
führte, nach dessen Überwindung wir auf einen lichtumfluteten Felskopf kamen,
von wo aus bereits der weitere Durchstieg und zwar ungefähr die zweite Wandhälfte, nachdem
die erste Wandhälfte unter uns lag, vor uns sahen.
Es nahm unser Kunstschlosser Czepl fachmännische Berechnungen und Aufschreibungen vor,
welche von uns beiden mit den entsprechenden touristischen Notwendigkeiten im Bezug auf
den zu gestaltenden Steig untermalt wurden. Wir setzten uns dann auf eine abgesprengte
Steinplatte und genossen die uns umkosende Sonnenwärme und ebenso die gänzlich neu
artigen Eindrücke aus dieser Höhe und die uns gegenüber liegende schroffe, steilabfallende
Klobenwand. Schon sahen wir, dass dieser Weg uns keine weiteren nennenswerte
Schwierigkeiten entgegenstellen wird und sozusagen unser lang gehegter Wunsch, im Bezug
auf diesen Durchstieg der Erfüllung nahe war, als, wie es eben beim Menschen nicht anders
ist, sich schon wieder ein neuer Wunsch regte und jeder für sich in dieser noch sehr
jungfräulichen hohen Wand im Geiste seine Durchstiege hin zauberte.
Nur ein richtiger Bergstürmer, oder einer der es werden will, wird verstehen, wie bereits
allein das Fassen solcher Pläne, das Ausdenken einer Route schon ein nicht zuschilderndes
Gefühl entstehen lässt.
Noch etliche Minuten genossen wir diese herrliche Rast dann ging es wieder weiter. Indem
nun leichteren, jedoch immerhin ziemlich steilen grasigen nun folgenden Teilen begann es
plötzlich über uns lebendig zu werden.
Steinschlag !! Blitzschnell gehen wir in Deckung und an uns vorbei schiessen und spritzen,
holpern und kollern mit Getöse Steinsalven vorbei. Wir sehen uns an Gemsen?
Das nun war uns im entscheidenden Moment ein äusserst wichtiger Fingerzeig, die
Steiganlage bei unter weitestgehender Ausschaltung dieser objektiven Steingefahr, zu führen.
Wir verzichteten daher nun auf den weiteren Anstieg in Richtung der sich vor uns auftuenden
Seitenrinne, welche bei näheren zusehen, wir auch als steingefährliche Kante erkannten und
querten daher auf einen schmalen sich immer mehr und mehr verengenden, in brüchiger,
grasdurchsetzter Wand verlierenden Gemsensteig hinaus.
Wir gelangten zu einem vorspringenden Kegel, dessen Grenze, welche verhältnismässig leicht
zu bezwingen war, wir uns als weiteren Weg für die spätere Steigführung erkoren hatten.
Immer heisser und heisser brannte die Sonne hernieder. Einige niedere Latschen
verbreiteten einen herrlichen, würzigen Geruch. Um ganz sicher zugehen mussten wir aber
auf jeden Fall noch einen kleinen Abstieg nach rechts hinaus vornehmen um von einem
dortigen günstigen Standplatz guten Einblick in die letzten, vor dem erfolgten Steinschlag
bewältigten Wandteile zu bekommen, um auch dort die spätere Steigführung im sicheren
Gelände durchzuführen. Wir entdeckten den auch, dass es wesentlich günstiger wäre, bereits
weiter unten rechts, es wird dies so viel wir sehen konnten nur um eine Länge des Seiles
notwendig sein, zu queren.
Dann steigen wir wieder weiter hinauf den höchsten Punkt der Wand zu, welche immer näher
und näher rückt und Schwierigkeiten als solche eigentlich nicht mehr in sich birgt. Auch hier
steigen wir noch einmal ein Stück zurück um zu sehen, ob die Möglichkeit besteht, vielleicht
doch noch einen besseren Schlussanstieg zu finden, jedoch sahen wir gleich, dass dies doch
der günstigste war und stiegen darauf am nächsten Punkt der Wand auf.
Gleich darauf lagen wir im weichenTeppich und genossen von einem wahrhaft
paradiesischen Plätzchen nun mehr einen Blick bis weit in die blauenden Niederungen von
einer derartigen Schönheit, dass in mir eine unsägliche Genugtuung darüber aufstieg und das
Herz mir anschwoll bei den Gedanken daran einen Weg gefunden zu haben und diesen so
gestalten zu können, dass in späterer Zeit jeder nur etwas geübtere Touristen dasselbe
Schöne und einzigartige geniessen wird können, wie wir es eben geniessen durften. Tausende
von Menschen werden über kurz oder lang die Rax über diesen Weg besteigen und mit neu
gesammelter Kraft von den lichten Höhen wieder in den grauen Alltag zurückkehren.
Nur 2 Jahre später, im Jahre 19o8 hatte unser dritter Partner der Kunstschlosser Czepl in
vorbildlicher und hervorragender Weise auch den Boshaften zum Trotz welche damals nur
eine einjährige Haltbarkeit prophezeiten, eine Steiganlage geschaffen welche immer mehr
und mehr an Berühmtheit gewann und bereits nach wenigen Jahren zu einer der beliebtesten
Steige der Rax zählte und auch sehr oft von den bekanntesten Wiener - Bergsteigern als
Trainingstour für Eisfahrten in den Ost - und Westalpen im Winter durchgerührt wurde.
Es gibt ja kaum einen Weg in den Alpen der davon frei wäre Zeuge für den einen oder
anderen glimpflichen oder eines schweren Unglücksfalles zu sein, so war es den auch dann
der Alpenvereinssteig, welcher verschiedene Unglücksfälle mit ansah.
Ein Verbindungsweg zwischen Gaislochausstieg und dem Ausstieg des AV-Steigs
(Höllentalausicht) wurde Gustav Jahnsteig genannt. Dieser war bereits verfallen, und
wurde vom TVN wieder neu versichert (Putz Ewald)
Hans Hejduk, 07.02.2006
Winter auf der Rax - Jänner 1911
Foto: Maler Jahn beim Telemarkschwung, daneben Illustriertes Österr. Sportblatt vom 14.Jänner 1911 mit fast dem identen Bild und der Bezeichnung "Telemark von Gustav Jahn"
1912
vollführte er die seither vielfach wiederholte Ersteigung der Planspitze über die Nordostwand erstmalig und verbrachte den größten Teil des Sommers in den Zillertaler (Hintertux).
Gesäuse, Zillertal (standort Hintertux), Neu: Planspitze Nordostwand (1. Besteigung) und Cortina.
Croda
da Lago - 1912
Links eine Original Aufnahme
von
G. Jahn aus dem Jahr 1912. Hier fotografierte der Gustl seinen Freund und Kletterpartner bei bei der Überschreitung der Croda da Lago (Zentraldolomten bei Cortina d'Ampezzo in Südtirol, Ital.).
Und vermutlich Ende 1912 bzw. Anfang 1913 enstanden die hier gezeigten historischen Fotoaufnahmen von Gustav Jahn.
Die Fotos zeigen Szenen eines Skirennens vom Stuhleck am Semmering im Winter 1912/1913. Die Titel (v.l.n.r.) lauten "Auf dem Gipfel des Stuhlecks", "Zuschauer" und "Preisrichter".
1913
finden wir ihn wieder in den Dolomiten, im Winter ist er in Davos.
Winter in Davos - Dezember 1913
In der ÖTZ 1913 (S. 41) wird über die Davoser-Ski-Hochtouren berichtet wobei Gustav Jahn Touren führte. Diese fand schon früher statt und dürfte wahrscheinlich den Anlass dazu gegeben haben auch Weihnachten in Davos zu feiern.
Ansichtskarte "Parsenfurka bei Davos" vom 27. Dezember 1913 - unterschrieben von Otto Jahn - ein Schreiben, über Weihnachten in Davos mit Gustav & Otto Jahn aus den letzten unbeschwerten Tagen vor dem Krieg.
1914-1918 Kriegsdienst in den Dolomiten
Der Kriegsausbruch 1914 traf Jahn in Kasern. Als Abrichter nahm er im Späthernst an einem Skikurs in den Radstätter Tauern und Anfangs 1915 in Aussee teil. Am 20. März 1915 rückte er als "Einjähriger" - bis dahin war er Ersatzreservist - zur Offiziersausbildung ein und kam bereits am 13. Juni 1915 als alpiner Referent auf den Karrerpaß und später auf das Pordoijoch, wo seiner Leitung die Brigarde-Skikurse anvertraut waren. Als im November 1916 in Bozen die k. u. k. Bergführer-Ersatz- und Instruktionskompagnie aufgeteilt wurde, kam er mit ihr am 1.November als Instruktionsoffizier nach St. Christina in Gröden. Da ist einmal ausnahmsweise der richtige Mann auf den richtigen Platz gestellt worden und Jahn erhielt einen Dienst, der es ihm ermöglichte, sich nach Herzenslust bergsteigerisch zu betätigen. An die 150 Gipfelersteigungen, darunter fast zwei Dutzend Neutouren und unzählige Skifahrten in der Geißler-, Sella- und Langkofelgruppe konnte er bis da bis zum Zusammenbruch im Novemer 1918 ausführen, von denen hier nur einige angeführt sein mögen.
Etwa 150, darunter 20 neue Gipfelersteigungen in der Geißler- Langkofel- und Sellagruppe, sowie zahlreiche Skifahrten erfolgten in den Jahren 1914-1918
Kriegsbeginn - Der erste Weltkrieg - Der Gebirgskrieg 1915–1918
Die Ausgangslage: Am 23. Mai 1915 trat Italien trotz des Bündnisses auf Seiten der Entente gegen Österreich-Ungarn in den Ersten Weltkrieg ein.
Italien verfügte bei Kriegsbeginn über ein Heer von 900.000 Mann, das sich in vier Armeen sowie die Karnische Gruppe gliederte. Oberbefehlshaber war General Luigi Cadorna. Der festgelegte Operationsplan sah vor, mit der 2. und 3. Armee über den Fluss Isonzo in Richtung Laibach vorzustoßen, um ein strategisches Zusammenwirken mit dem russischen und serbischen Heer zu ermöglichen. Die Karnische Gruppe sollte Richtung Villach in Kärnten vorstoßen, die 4. Armee Toblach angreifen. Die gegen Südtirol eingesetzte 1. Armee sollte sich defensiv verhalten. Bereits in den ersten Wochen zeigte sich, dass die geplanten Operationsziele völlig unrealistisch waren.
General Cadorna war zwar ein gewandter Redner, sein militärisches Geschick stand jedoch in keiner Relation dazu. Die österreichische Grenze war in Erwartung eines italienischen Kriegseintrittes gut befestigt worden, allerdings nur mit schwachen Landsturmeinheiten besetzt. Für manche Frontabschnitte waren zu Beginn überhaupt keine k.u.k. Truppen verfügbar. Hier marschierten Freiwillige nachts von Gipfel zu Gipfel und täuschten durch viele Fackeln eine stärkere Besetzung vor. General Cadorna scheute jedes Risiko wie auch eine rasche Offensive. Die Österreicher brachten ihrerseits schließlich Verstärkung von der serbischen und russischen Front an die italienische Grenze und schafften es so, bereits nach zwei Wochen eine geschlossene Verteidigung zu organisieren.
Österreich hatte bereits vor dem Krieg umfangreiche Festungswerke an der Grenze zu Italien bauen lassen, in der Erwartung dass der Bündnisvertrag mit Italien nicht halten würde. Nachdem Italien dem Krieg dann nicht beigetreten war, wurden die Festungswerke von der Landwehr besetzt.
Der deutsche Verbündete griff der Donaumonarchie unter die Arme: das neu aufgestellte Alpenkorps wurde noch im Mai 1915 nach Südtirol verlegt und blieb dort bis in den Herbst. Deutschland war allerdings erst seit August 1916 formell mit Italien im Kriegszustand. Das gebirgige Gelände stand einem schnellen italienischen Vormarsch entgegen und begünstigte die Verteidiger zusätzlich.
Der Erste Weltkrieg war der erste Krieg, welcher auch im Hochgebirge im Winter weitergeführt wurde. An der Südfront entwickelte sich ein Stellungskrieg im Hochgebirge zwischen Österreich-Ungarn und Italien. Vom Stilfser Joch an der Grenze zur Schweiz wurde eine 600 km lange Linie bis zu den Julische Alpen gebildet. Während im Osten der Südgrenze die Isonzoschlachten tobten, welche den Materialschlachten an der Westfront in nichts nachstanden, hatte sich insbesondere in den Dolomiten eine bis dahin unbekannte Art von Stellungskrieg entwickelt: die topografischen Bedingungen des Krieges waren eine Neuheit. In Tirol wurden nach der Kriegserklärung durch Italien 1915 die Tiroler Schützen mobilisiert und an die Südgrenze gebracht; die Truppen der ersten Linie (Kaiserjäger) waren in Galizien und hatten dort bereits schwere Verluste erlitten. Sie kamen in den Karnische Alpen ebenso zum Einsatz wie in den Dolomiten , rund um den Gardasee und am Ortler und standen den italienischen Alpini gegenüber und hielten die italienischen Soldaten auf, bis die Verstärkungen durch Kaiserschützen und Kaiserjäger eingetroffen waren. Handelte es sich im Sommer schon um unwirtliches Gebiet, so waren im Winter nicht der Gegner, sondern Frost und Schnee der größte Feind. Die Stellungen mussten von bis zu 12 Metern Schnee freigehalten werden; von der Außenwelt abgeschnittene Stellungen waren üblich. Am heftigsten tobte der Kampf im Gebiet der Drei Zinnen und um den Paternkofel – in diesen Kämpfen fiel auch der bekannte Südtiroler Bergsteiger Sepp Innerkofler (siehe Bilder weiter unten). Das Gelände brachte mit sich, dass jeweils die eine Kriegspartei einen Gipfel besetzt hielt, während die andere versuchte, den Gipfel zu erstürmen. Weil dies zumeist nicht möglich war, begann man damit, kilometerlange Stollen durch das Gestein zu treiben, um ohne Feindeinwirkung bis zum Gipfel vordringen zu können. Manchmal wurden die Stollen auch mit Sprengstoff gefüllt und ganze Berggipfel zum Einsturz gebracht (z. B. der Col di Lana 1916). Noch heute zeugen viele Stollen vom Kampf. Für die Versorgung und vor allem dem Waffentransport kamen in großem Ausmaß Seilbahn zum Einsatz, außerdem wurden Klettersteige entwickelt, die Versorgungen über Leitern und entlang von Stahlseilen ermöglichten. In den Gletschergebieten wurden Stollen durch das Gletschereis getrieben, um Zugriff auf die gegnerischen Lager ohne Feindeinsicht zu erhalten ( Marmolata ). Für den Stellungskrieg im Hochgebirge benötigte man ausgebildete Bergsteiger und Bergführer. Dies führte wiederum zu einer rasanten Fortentwicklung der Alpinismustechnik.
Das im Gebirgskrieg die besten Alpinisten der damaligen Zeit eingesetzt waren, sei hier nur an Hand einiger klingender Namen dargestellt. So standen in den Reihen der österreichisch-ungarischen Monarchie als Bergführer Leute wie Sepp Innerkofler, die Gebrüder Gustav Jahn und Otto Jahn, Angelo Dibona, Luis Trenker und viele andere im Einsatz. Unter den alpinen Referenten der einzelnen Rayons waren klingende Namen wie Dyhrenfurth d. Ä. im Ortlergebiet, Julius Kugy in den Julischen Alpen, Leo Handl in der Marmolata, Mathias Zdarsky bei der 10. Armee und natürlich Bilgeri im Militärkommando in Innsbruck.
(Quelle: u.a. Wikipedia, Front in Fels und Eis, ...)
Zu sehen sind hier drei Bilder von der Dolomitenfront, gezeichnet von Gustav Jahn. Die Abbildung links, enstanden 1917, zeigt einen Unterstand in den Dolomiten, in der Mitte dargesteltt ein Kaiserjäger am Messodikreuz und im Bild rechts eine Maschinengewehrstellung (mit Monte Pelmo).
Im Jahre 1914 weilte Gustav Jahn zu Beginn des Krieges in Kasern ...
1914 weilte Gustav Jahn zu Beginn des Krieges in Kasern, nahm von November bis Mitte Dezember an einem Schikurs in den Radstädter Tauern und vom 28. Dezember bis 31. März 1915 an dem Schikurs in Aussee als Abrichter teil. Am 20 März 1915 rückte er, der bis dahin Ersatzreservist gewesen, als Einjährig-Freiwilliger ein, um die Offiziersausbildung zu "genießen", kam aber schon am 13.Juni als "Alpiner Refernt" auf den Karerseepaß und hierauf auf das Pordoijoch, wo er den Brigadeschikurs leitete. Im November 1916 wurde er nach Bozen zu der eben enstandenen Bergführerabteilung beordert, mit der er dann als "Instruktionsoffizier" nach St. Christina in Gröden übersiedelte. Bei der K. K. Bergführer- Ersatz- und Instruktionskompanie hatte Jahn nun die für Ihn passendste Verwendung gefunden;
Die K.K. Bergführerkompanien waren ein Truppenverband der Österreichisch-Ungarischen Landstreitkräfte ( ... zum weiterlesen Zeile anklicken und Text aufklappen)
k.k. Bergführerkompanien
Die k.k. Bergführerkompanien waren ein Truppenverband der Österreichisch-Ungarischen Landstreitkräfte.
Aufgestellt wurden die Bergführerkompanien im Jahre 1916, als man erkannt hatte, dass gebirgskundiges Personal dringend benötigt wurde. Die Kompanien bestanden in der Hauptsache aus Angehörigen der Gebirgsschützen-Regimenter (Landesschützen/Kaiserschützen Regimenter und Landwehr-Infanterieregimenter Nr. 4 und Nr. 27) sowie, wenn auch seltener, aus Freiwilligen anderer Truppenteile, die aus landsmannschaftlichen Gründen (Bewohner der Hochgebirgsregionen) dafür geeignet schienen.
Die Ausbildung der Militärbergführer erfolgte in eigenen Bergführerersatz- und Instruktionskompanien. Dort wurden Soldaten aus den unterschiedlichsten Einheiten, die meist schon vor dem Krieg alpinistische Kenntnisse erworben hatten oder sich anderweitig als geeignet erwiesen, zu Bergführern ausgebildet. Oftmals wurden autorisierte und erfahrene Alpenvereinsbergführer als Ausbilder eingesetzt. Der Unterricht der militärischen Alpinkurse unterschied sich nicht von den Bergführerkursen des Alpenvereins und umfasste die praktischen Fächer: Fels- und Eistechnik, Kartenlesen und Orientieren im Gelände, Erste Hilfe, Seilgebrauch und Erlernen bzw. Perfektionierung des Schilaufes. Militärische Neuerungen waren die Versicherung alpiner Steige, sowie Sprengwesen und Sturmausbildung.
Ziel dieser Lehrgänge war es, die Militärbergführer in die Lage zu versetzen, einerseits selbst militärisch und alpinistisch schwierige Unternehmungen durchführen zu können, andererseits aber der Truppe als Instruktoren die elementarsten alpinistischen Grundsätze beizubringen. Als Oberkommando der Bergführertruppe wurde in Bozen das Bergführertruppenkommando der 10. Armee eingerichtet, dem 3 Unterkommanden mit wiederum 13 Bergführerkompanien in den einzelnen Frontabschnitten nachgeordnet waren. Die Instruktionsabteilungen verlegte man nach St. Christina in Gröden, wo sie sich nach und nach zu einer militärisch-alpinen Hochschule entwickelte.
Von den sogenannten Alpinreferenten (oftmals namhafte, staatlich anerkannte und berufsmäßige Bergführer, die aus alters- oder sonstigen Gründen nicht den aktiven Truppenteilen zugewiesen waren) wurden regelmäßig Lehrgänge durchgeführt, um das Personal der Kompanien ständig zu schulen. (Einer dieser Instruktoren war der Bergführer und Leutnant im k.u.k. Festungsartillerie-Bataillon Nr. 6 Luis Trenker, der später auch Mitglied einer Bergführerkompanie wurde.)
Aufgabe der Bergführerkompanien war es in erster Linie, für angreifende Verbände das Gelände zu erkunden, die Anmarschwege durch Fels- oder Eiswände gangbar zu machen und diese zu sichern. Es waren weiterhin alpine Erkundungen durchzuführen, fixe Seile und Leitern anzubringen und die Geschütztransporte an die unmöglichsten Stellen zu organisieren. Letztendlich gehörten die Bergführer jedoch zur kämpfenden Truppe und wurden in diesem Rahmen vorwiegend zu Stoßtruppunternehmungen eingesetzt. Die Kompanien operierten selbstständig nur in dem ihnen zugewiesenen Abschnitt (nur in diesem durften sie eingesetzt werden) und waren der Brigade, der Truppen-Division oder dem Korps direkt unterstellt. Die Nummerierung erfolgte nach den ihnen zugewiesenen Abschnitten bzw. Rayons von West nach Ost.
Beispiel:
Die Bergführerkompanie I/1 befand sich im Rayon I des Verteidigungsabschnitts Stilfser Joch bis Zufall-Spitze (Monte Cevedale) und unterstand im Oktober 1918 der 164. Infanterie-Brigade. Weisungsbefugt war jedoch der Rayonskommandant.
Die personelle Zusammensetzung der Bergführerkompanien war individuell verschieden und wurde den jeweiligen Erfordernissen angepasst.
Infolge der Selbstständigkeit der Einheiten, der rätselhaften Ereignisse anlässlich des Kriegsendes an der italienischen Front (3. November oder 4. November 1918) und des damit verbundenen Durcheinanders sind Gefechtsberichte nur in äußerst geringem Umfang erhalten geblieben. Es ist daher nicht mehr möglich, die Aktivitäten der Bergführerkompanien umfassend zu dokumentieren. (Quelle:Wikipedia)
Es war ein Glücksfall der ihn mit der "feldgrauen Zwansjacke", wie er seinen militärischen Rock liebevoll nannte, aussöhnte und ihm zwei wonnevolle Bergsteigerjahre bescherte. Das seine Tätigkeit als Schilehrer und Bergsteiger auch für die Verteidigung und den Schutz deutscher Erde nutzbringend war, bewiesen die ihm verliehenen militärischen Auszeichnungen - die preußische Militärverdienstmedaille, das bayerische Militärverdienstkreuz 2. und 3. Klasse mit den Schwertern, das Goldene Verdienst-kreuz am Bande der Tapferkeitsmedaille, das Karl-Truppenkreuz und die Bergführerauszeichnung. Etwa 150, darunten 20 neue Gipfelersteigungen in der Geißler- Langkofel- und Sellagruppe sowie zahlreiche Schifahrten waren die Frucht dieses militärischen Dienstverhältnises, das bis zum Zusammenbruch am Anfang des November 1918 dauerte.
Aus dieser Zeit stammen auch viele seiner künstlerischen Impressionen aus den Dolomiten, welche in der Bildergallerie zu bewundern sind.
Während des Ersten Weltkriegs trug er den Waffenrock der österreichischen Kaiserjäger. An der Dolomitenfront kämpfte er auf österreichischer Seite gemeinsam mit Angelo Dibona, Sepp Innerkofler, Luis Trenker, Rudl Eller, Erwin Merlet und vielen anderen bedeutenden Bergsteigern seiner Zeit.
Nun mussten sich viele Bergkameraden, welche sich von gemeinsamen Touren aus unbeschwerteren Tagen kannten, auf einmal an verschiedenen Fronten gegenstehen. Aus einstigen Berggefährten aus Österreich und Italien, wurden nun erbitterte Kontrahenten.
1914 leitet Gustav Jahn als Kriegs-freiwilliger den militärischen Schikurs in Wiesenegg (Obertauern, Salzburg), sein Freund Otto Barth wird zum Oberleutnant befördert.
Der Bergkrieg
Der Weltkrieg wirkte sich nicht als Rückschlag, kaum als hemmende Unterbrechung der Entwicklung aus. Sehr traurig und bedauerlich war aber der Verlust an Gut und Blut, denn viele der tüchtigsten Bergsteiger blieben irgendwo im Feindesland. Andererseits stählte der Bergkrieg Körper und Geist, lehrte höchste Auswertung aller Hilfsmittel, mehrte die Erfahrungen und verbesserte das Rüstzeug. Berufsführer und selbständige Bergführer dienten im Soldatenrock. Unbekannte Männer führten großartige Leistungen und alpine Husarenstückchen aus. Italienische Alpinis erklommen die Südwand der Marmolata, deren Gipfel ein deutscher Stützpunkt war, bis zwei Seillängen unter dem Grat und mußten wieder zurück.
Sepp Innerkofler legte eine Fernsprechleitung über die Nordwand der kleinen Zinne und fiel am 4. Juli 1915 bei einer nächtlichen Ersteigung des von den Italienern besetzten Paternkofels. Dibona, Jahn, Merlet, Pichl und andere standen in der Bergführertruppe an der Alpenfront und führten an stillen Tagen manche Neufahrt durch (1916: Bufazza Nordwand; 1917: Saß de Mesdi Südwand und Westwand; 1918: Langkofel-Nordkante).
(Auszug aus dem Buch von Fritz Schmitt - Der Bergsteiger von heute - 1937)
1915
Kriegsdienst in den Dolomiten
JUNI 1915 Gustav Jahn wird als alpiner Referent zum Karersee entsandt, danach wird er als alpiner Referent für die Dolomiten, dem 42. Feldkanonenregiment 8. Batterie, zugeteilt (Feldpost 613)
Gustav Jahn, alpiner Referent, Kadettaspirant, wurde mit der Preußischen Kriiegerverdienstmedaille ausgezeichnet.
Der berühmte Bergsteiger Sepp Innerkofler starb am 4. Juli 1915 bei einem Gefecht auf dem Paternkofel
Bergführer und Standschützenoberjäger Sepp Innerkofler (1865-1915) war Kommandant der Bergführerkompanie "Fliegende Patrouille", sein Einsatzgebiet im Fronteinsatz waren die Sextener Dolomiten und der Paternkofel. Gefallen ist er am Gipfelberg des Paternkofels am 04.07.1915 und er wurde nach seinem Tode ebenfalls mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille geehrt.
Bergung im Herbst 1915: Der Sarg Sepp Innerkoflers, wird unter der Leitung seines Bruders, über die Wände des Paternkofel abgeseilt und über die Zinnenebene, vorbei an den drei Zinnen, abtransportiert.
Transport der Leiche Innerkoflers mit einem Pfeerefuhrwerk nach Sexten.
28. November 1915 - Maler an der Front - Augenzeugen eines unmöglichen Krieges
Dieses kurze Anekdote berichtet von tapferen Männern, von der Entstehung einer Legende und einem Künstlertreffen in vorderster Linie.
Es dämmerte schon. Seit die Stellung am Col di Lana durch schweren Beschuß außer Gefecht gesetzt und geräumt worden war, ließ sich der Steilhang unter dem Joch nicht mehr einsehen. Eine Dreiergruppe auf Ski begann gerade mit dem Aufstieg zur Paßhöhe. Dem Beobachter stand der Atem wie eine gefrorene Wolke vor dem Mund. Er kuschelte sich in seinen Pelz und stützte die Ellenbogen auf die vereiste Brüstung des Ausgucks. Langsam schwenkte er sein Fernglas von den rauchenden Trümmern der Alpinikaverne, mitunter zögernd auf der aufhellenden Gipfelkette dieser traumhaft schönen Dolomitenwelt verweilend, den Aufsteigern entgegen, die sich im Gleichklang ihrer rhythmischen Schritte wie eine sechsbeinige Raupe dem österreichischen Vorposten am Pordoijoch näherten. Waren sie Kuriere? Oder hatte man sie als Ablösung hinaufgeschickt?
Der einsame Posten machte sich bemerkbar. Er winkte. "Hier, Leute", rief er, um ihnen das letzte, total vereiste Stück zu ersparen, "hier kommt ihr bequemer rauf!" Der vordere Skiläufer stutzte. Als er schließlich schweratmend vor dem Mann am Ausguck stand, sagte er: "Da braucht man nicht lange zu überlegen, wenn man Sie hört! Ein Schweizer hier an der Front - dann können Sie nur der Freiwillige Wieland sein, der Maler aus München, Ihr Gastspiel hat sich unter den Kollegen herumgesprochen", und streckte ihm herzlich beide Fäustlinge entgegen. "Und mit wem habe ich die Ehre? Von Ihnen sieht man ja nur die Nasenspitze!."
"Ich bin Gustav Jahn, wenn Sie gestatten, derzeit Skilehrer im Heeresdienst und auf Übungstour. Wir haben uns mal im Glaspalast bekanntgemacht!"
Sie lachten und beschlossen, auf dieses merkwürdige Wiedersehen im Unterstand einen Schluck zu trinken.
Jahn blieb leider nicht lange. Schon nach gut einer Stunde fuhr er mit seinen Schützlingen wieder ab.
Abends überarbeitete er im Christomannos-Haus, seinem total überfüllten vorläufigen Quartier, die Skizzen vom Tage und von der Patrouille am Ortler, mit der er einige Tage zuvor unterwegs war. Mit seinen steifgefrorenen Fingern war dabei nicht allzuviel herausgekommen. Dann ließ er die Ereignisse des Tages an sich vorbeiziehen.
Unter dem 28. November 1915 schrieb er in sein Notizbuch: "Treffe die Siegfriedgestalt des Malers Jahn als Skilehrer ..."
"Wir neutralen Schweizer standen in München unter einer Art von gemilderter polizeilicher Aufsicht. Unsere Fingerabdrücke wurden genommen, und die Stadt durften wir nur mit Erlaubnis verlassen. Dies alles bedrückte mich und ich trachtete, als Maler an eine der Fronten zu kommen."
So beginnt das Kriegstagebuch des Basler Bürgers Hans Beat Wieland (1867-1945), der seit seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in der königlich-bayerischen Residenzstadt und im Sommer am Ammersee in der "Wielandshütte" lebte. Er war Major der Schweizer Armee. Erst ein Jahr nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges erhielt er auf Empfehlung seines Generalstabschefs die Einberufung zum österreichischen K.u.K. Kriegspressequartier - als im Mai 1915 der Gebirgskrieg begann.
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"Kriegsmaler gehören zur Armee im Felde", fuhr er in seinen Aufzeichnungen fort, "man erhält Sold, muß aber auf alle Ansprüche für den Fall von Verwundung oder Tod schriftlich verzichten. Wir haben das
sogenannte Relutum an Cigarren & Cigaretten, einen Offiziersburschen für je zwei Maler und freie Verpflegung in allen Offiziersmessen. Als Gegenleistung müssen wir alle 14 Tage eine Zeichnung abliefern und nach jeder Frontreise eine Arbeit für das Heeresmuseum in Wien stiften ..."
Zwei Maler trafen sich im Krieg. Gustav Jahn, ein blonder Hüne, der seine Bilder klar und fröhlich wie Märchen erzählte, und der passionierte Alpinist Wieland, der für das Sujet "Berge" eine eigene Sprache fand,
seine Landschaften und Menschen kantig sah und auf das Wesentliche reduzierte. Anerkannte Künstler, die sich schon einen Ruf erworben hatten. Dem Schweizer war bei der Pariser Weltausstellung von 1900 für ein
Winterbild die Bronzemedaille und ein Jahr danach anläßlich der Internationalen Kunstausstellung München eine Goldmedaille verliehen worden; ein Mann in gestandenem Alter, der sich nun bewußt Gefahren aussetzte.
Was war das für ein Krieg?
Nach den Worten des Wiener Kriegsberichterstatters Karl Graf Scapinelli, der Wieland in den Kampfgebieten am Col di Lana und am Ortler traf, der volkstümlichste seit den Freiheitskriegen: »Andreas Hofer lebtl".
Genau so würden auch die Kämpfer vom Deutschen Alpencorps in ihren Gräben empfinden, seit sich Italien aus dem Dreierbund mit Österreich-Ungarn gelöst und der Donaumonarchie wegen unerfüllter Gebietsansprüche den Krieg erklärt hatte, berichtete er der Pressezentrale. Wie anders blicken wir gebrannten Kinder des Zweiten Weltkrieges zurück auf das weit über zwei Jahre andauernde Morden von der Franzensfeste bis zum Isonzo, erschrocken darüber, wie es möglich sein konnte, daß sich einst über Staatsgrenzen hinaus befreundete Bergsteiger mit wilder Entschlossenheit Mann gegen Mann gegenüberstanden. Die vielen Toten - auch die annähernd 60 000 in Lawinen umgekommenen Gebirgsjäger, Kaiserschützen und Alpinisoldaten - wurden auf den Altären ihrer Vaterländer geopfert, sagte man damals. Und: "Die Kenntnis des Hochgebirges war für die Kriegsführung von Nutzen, unsere wissenschaftliche Tätigkeit eine ideelle Unterstützung." Und: "Todesfurcht ist dem Alpinisten fremd und Tapferkeit sein tägliches
Tun - die Alpinistik stellt einen Teil der vaterländischen Pflichterfüllung dar." Das alles geschah, obwohl Kriegsfachleute vorher erklärt hatten, die Hochgebirge seien für operative Maßnahmen ebenso wie für Kampfhandlungen ungeeignet, es sei unmöglich, dort Krieg zu führen. Als sie merkten, daß es doch geht, perfektionierten sie diese Art der Kriegsführung, bauten hüben wie drüben die raffiniertesten
Gefechtsstellungen und Nachschubanlagen, sogar eine elektrische Wasserversorgung auf die Spitzen von Palon und Dente Italiano am Monte Pasubio. Wieder einmal hielt Erfindergeist die Vernichtungsautomatik in
Gang.
Wieland beobachtete während seiner Einsätze, wie schwere Geschütze über Gletscher und Spalten in Stellung gebracht wurden, wie sich die Männer am Cevedale ins Eis gruben, erlebte Gasangriffe, skizzierte die Samberger Hütte nach Treffern von 35 Granaten. "Sie ist nur noch ein Trümmerhaufen, wie eine alte Ritterburg", schrieb er in sein Tagebuch. Er zeichnete am Suldenferner einen Kaiserjäger, der bei Bärenkälte Wachdienst hatte (Seite 90), und sah unter dem Grollen schwerer Artillerie, wie österreichische und italienische Scheinwerfer den Col di Lana für ein Nachtgefecht anstrahlten, während Schrapnells und Leuchtraketen den Himmel illuminierten. "Immer wieder verfolgen mich die Gesichter der armen Verwundeten und Kranken. Typhus! Auf Pordoi sah ich eine Fuhre auf einem Leiterwagen, kreuz und quer durcheinandergeworfen, lauter marode Soldaten. Abfall aus der großen Kriegsmaschine. Wie Hobelspäne", notierte er ernüchtert. Kriegsberichter Scapinelli war hingerissen von den Arbeiten des Schweizers. "Glut lag in den Skizzen, Farbenglut und Glut der ehrlichen Begeisterung für die Tapferen da oben. Ein leidenschaftlicher Hochgebirgs- und Schneemaler, dem meisterlich gelang, die Zauberstimmung der Kriegsnächte in Eis und Schnee zu malen, die Granaten-Feuerbrände mitten ins Märchenlicht des Mondes auf den Schnee zu setzen."
Erinnerungen von
1916
Kriegsdienst in den Dolomiten
Nachricht von den Mitgliedern im Kriegsdienst: Otto Barth, Gustav Jahn und Otto Jahn
Barth Otto, Oberleutnant, ist Adjudant beim Kommando einer Offiziersstation für Kriegsgefangene
Jahn Gustav, Kadettaspirant, alpiner Referent und Schilehrer, erhielt als zweite Auszeichnung das Bayrische Militärverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern
Gustav Jahn 1879-1919 Gouache "Am Mezzodikreuz" Februar 1916
Nachricht von unseren Mitgliedern im Kriegsdienst:
Jahn Gustav, Fähnrich, erhielt als neuerliche Auszeichnungen das goldene Verdienstkreuz am Bande der Tapferkeitsmedaille und das Bayr. Militärverdienstkreuz 2. Klasse mit den Schwertern
1916 - Jahn Otto ist als Landsturmleutnant einberufen worden.
Oberleutnant Barth Otto ist am 9. August 1916 an einem schweren Nervenleiden in Wien gestorben.
Soldatengräber in den Dolomiten (Pordoi 1916) - Pordoijoch
Abbildungen: (li.) Ein Gemälde von Gustav Jahn signiert und datiert mit Pordoi 1916, rechts eine Fotoaufnahme des Soldatenfriedhof Sul Passo Pordoi um 1920, der Gedenkstätte für die Gefallenen.
LUIS TRENKER mit GUSTAV JAHN am 21.November 1916 auf der REGENSBÜRGERHÜTTE
(Kriegsdienst)
Auszug aus der Autobiografie von LUIS TRENKER "Alles gut gegangen" - Geschichten aus meinem Leben (1965)
Luis Trenker erinnert sich (Originaltext):
Ein Abend auf jener Hütte ist mir besonders in Erinnerung geblieben.
Wir saßen um den Tisch und spielten Karten. Der Wiener Maler und Bergsteiger GUSTAV JAHN saß neben mir.
Unsere Pfeifen rauchten, es war recht gemütlich, im Ofen knisterte das Feuer.
Da läutete das Telefon. Der diensthabende Unteroffizier ging an den Kasten, nahm die Muschel ans Ohr und meldete sich. Sein Gesicht wurde plötzlich sehr erst, seine Absätze klappen zusammen:
"Jawohl, jaa ... jawohl", dann machte er eine Drehung zu uns, nahm wieder Haltung an und stotterte: "M... meine Herren, i... ich ... m... melde gehorsamst ...", schluckte einige Male, "so... soeben gehorsamst die Nachricht ..."
"Seine Majestät, Kaiser Franz Josef, ist gestorben ..."
Eine bange Stille folgte den Worten, fragende, erschreckte Gesichter.
Ma hörte kaum das Atmen der Männer. Unser Kaiser, der greise Vater der Monarchie, war tot ... was würde nun werden?
Der Bann löste sich erst als GUSTAV JAHN sich langsam wieder zum Tisch drehte und sagte:
"Na ja - kannst nix machen, so geht's halt, allweil hat er ja auch net leben können. - Wer spielt aus ?"
Es brauchte allerdings ein bißchen Zeit, bis festgestellt wurde, wer am Ausspielen war. Am übernächsten Tag wurden wir auf den jungen Kaiser Karl, einem Großneffen des verstorbenen Kaisers Franz Josef, vereidigt. Das war alles, scheinbar alles. Während der Vereidigung konnte ich mich der düsteren Prophezeiung des Fähnrichs Deutsch nicht erwehren, der gesagt hatte, daß mit dem großen alten Kaiser auch das schöne glückliche Donaureich sterben würde.
Abbildungen: Eine colorierte Ansichtskarte von 1910 - mit der Regensburgerhütte und der Geislergrupe in den Dolomiten. Die Regensburger Hütte (ital. Rifugio Firenze in Cisles) ist eine Alpenvereinshütte auf der Regensburger Alm in Südtirol.
Im Gruppenbild ganz links ist der junge Luis Trenker in Uniform zu erkennen. Die Zeichnung rechts zeigt ihn als Bergführer.
1917
während des Kriegsdienstes in den Dolomiten ...
Geißlergruppe, neu; Kleine Fermeda (Picolo Fermeda - vollständig neuer Weg durch die Südwand), Vilnosser Turm (1. Ersteigung über die Westwand), Saß de Mesdi Südwand (vollst. neuer Weg), Saß de Mesdi (1. Ersteiung über die Südwestkante), Saß de Mesdi (Erste unmittelbare Erkletterung über die Westwand, teilweise neuer Weg), Gran Odla (1. Erst. über die Nordwestwand), Umrahmung des Wasserrinnentales (Torkofel, Südgrat, Üb.) - Kleine -(Üb.) -Gr. Furchetta (Südostwand, Üb.) - Saß Rigais (Üb.); Erste Überschreitung der westlichen Fermedagruppe (Kl. Fermeda (Üb. von West nach Ost) > Große Fermeda (Üb. von West nach Ost) > Vilnosser Turm (Üb. von West nach Ost) > Tschiesler Odla (Üb. von Nordwest nach Südost) > Gran Odla (Üb. von Südwerst nach Nord) > Kumedel (Üb.) > Saß de Mesdi (Üb.);
Langkofelgruppe, neu: Langkofelkarspitze (1. Begehung des Südostgrates); Punkt 2787 der Alpenvereinskarte "Berführernadel" (1. erst.); Innerkoflerturm (1. Erst. unmittelbar vom Verbindungsgrat der Lankofelkarspitze); Daumen (1. Erst. über den Nordgrat, 1. Üb.) Fünffingerspitze (1.Üb. von Norost nach südwest); Wesselyturm (1. Ersteigung der Südwestwand, 1. Üb.); Machekturm (1. Erst.); Grohmannspitze (Nordwand, teilw. neuer Weg) - Innerkoflerturm (3. Ausstieg aus der Grohmanscharte), Umrahmung des Grohmann und Plattkofelgletschers: Fünffingerspitze - Grohmanspitze - Innerkoflerturm - Zahnkofel - Plattkofel (1. Überschreitung aller fünf Gipfel an einem Tag); Venusnadel (1. Ersteigung der Südwand); Langkofelkarspitze (Üb. von West nach Südost) > Innerkoflerturm (2. Erst. von Norden, 1. zusammenhängende Überschreitung beider);
Das Gemälde "Kriegsdienst in den Dolomiten" (1917) von Jahn zeigt einen Tragtierführer im harten Alltag, an der Front in Fels und Eis.
Foto: Die Geislergruppe in den Dolomiten - © Horst Helwig (www.helwig-naturfoto.de)
1917 war ein reichhaltiges Jahr für den Bergsteiger Jahn, wo er sich auch mit mit der "grauen Zwangsjacke", wie er seine Uniform öfter nannte, versöhnen konnte.
Jahn unternahm zahlreiche Touren in der Geisler- sowie der Langkofelgruppe und stationiert im Umfeld der Regensburger Hütte, war er nun inmitten seiner geliebten Dolomiten.
Abb. links: Gesamtbild der Geislergruppe, ein Aquarell von Gustav Jahn (um 1917)
Geislergruppe - Die kleine Fermeda (Fermedaspitze 2810 m) Eröffnet: (G. Jahn K. Huter und Gefährten. 1917) Kleine Fermeda (Piccola Fermeda) - Südwand, Klassik,
Schwierigkeit: III bis IV- ,
Höhenunterschied: ca. 230m
Die Südwand der Fermeda de Cicles,
vollständig neuer Weg durch die Südwand wurde am 12.März 1917 durch Fähnr. Gustav Jahn, Fähnr. Karl Huter und Rudolf Eller erklettert - (ZDÖAV 1918 S160, ÖAZ 1918 S59, ÖAZ 1920 S76, ZDÖAV 1921 S64)
Geislergruppe - Die große Fermeda (2867 m)
Ersteigung über den Südostgrat am 14. Mai 1917 von Lt. Franz Barth, Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn(ÖAZ 1918 S60)
Geislergruppe - Villnöserturm (2830m)
1. Ersteigung über die Westwand am 4. Juni 1917 Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn (ÖAZ 1918 S60, ÖAZ 1920 S76) bzw. wurde gelegentlich der Überschreitung der gesamten westlichen Geislergruppe erstmals erstiegen (ZDÖAV 1918 S169)
Fotoaufnahme um 1920
Geislergruppe - Saß de Mesdi (2760m) Vollständig neuer Weg über die Südwand, am 5. Juni 1917 durch Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn, Oberarzt Dr. Erwin Merlet, E. Unterj. Oskar Müller, Oblt. Paul Richter (ÖAZ 1918 S60 und ÖAZ 1920 S76); Ergänzend: Neue Variante an der grauen Platte des Südpfeilers, rechts von der Hannemann-Route (Zeit etwa 2-4 Stunden, sehr schwierig, einige Stellen äußerst schwer, ZDÖAV 1921)
Geislergruppe - Überschreitung der westlichen Fermedagruppe, am 17. Juni 1917, Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn.
Geislergruppe (Saß de Mesdi) Sass de Mesdi (2760m)
1. Ersteigung über die Südwestkante am 23. Juni 1917 durch Stbs. Obj. Angelo Dibona, Obj. Rudi Eller, Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn (ÖAZ 1918 S60/61 sowie 1920 S76); Das die Westwand durchziehende Band wurde dabei auf neuem Wege über den Südwestpfeiler erreicht, und zwar gerade an dem Punkte, wo die Südwestwandroute abzweigt. (Zeit etwa 2 Stunden, sehr schwierig, ZDÖAV 1921), Die Schwierigkeiten waren ungefähr die gleichen wie an der Südwand der Grohmannspitze
Geislergruppe - Saß de Mesdi (Sass de Mesdi) (2760m)
1. direkte Erkletterung über die Westwand am 26.Juni 1917 durch Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn und Oberarzt Dr. Erwin Merlet (ÖAZ 1918 S61 und ÖAZ 1920 S76, ZDÖAV 1921 S66). Die Schwierigkeiten waren ungefähr die gleichen wie an der Südwand der Grohmannspitze
Langkofelgruppe - Punta di Salami (2844m)
2. Ersteigung (??) am 8. Juli 1917, Fähnr. Gustav Jahn und Oberarzt Dr. Erwin Merlet (ÖAZ 1918 S81) Anm.: Im Steinmann dieses mächtigen, besonders von dem Grödnertal aus auffallenden Turmes in der Nordwestkante der Langkofels fanden wir außer einer Karte von Herrn Delago aus dem Jahre 1879 keine Spuren einer späteren Ersteigung.
Langkofelgruppe - Langkofelkarspitze (2811m
1. Ersteigung des Südostgrates, am 13. Juli 1917, Lt. Bauer, Hptm. Viktor Machek, Fähnr. Gustav Jahn und Oberarzt Dr. Erwin Merlet (ÖAZ 1918 S77 und ÖAZ 1920 S74 Langkofelgruppe P.2787 der Alpenvereinskarte "Bergführernadel" 1. Ersteigung, Knapp unter der Kammhöhe des Langkofel-Westgrates zwischen Punta di Salami und Wesselyturm, entragt den steilen Schutt und Blockhalden (von der Langkofelhütte aus gut zu sehen) eine ungemein schlanke, feingeschwungene, doppelgipfelige Zinne. Am 16. Juli 1917 Hptm. Viktor Machek, Fähnr. Gustav Jahn und Oberarzt Dr. Erwin Merlet (ÖAZ 1918 S77, 1920 S75)
Langkofelgruppe - Grohmannspitze (3111m) Nordwand - teilweise neuer Weg - Innerkoflerturm (3070m) 3. Aufstieg aus der Grohmannscharte, Am 22. August 1917 Lt. Franz Barth, Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn, Oberarzt Dr. Erwin Merlet (ÖAZ 1918 S79 und 1920 S75)
Zeichnung "Gipfelrast" von Dr. Erwin Merlet
Langkofelgruppe - Langkofeleck (3054m)
3. Ersteigung über die Nordostwand, größtenteils neuer Weg, am 18. Juli 1917 Fähnr. Gustav Jahn, Eduard Berger und Oberarzt Dr. Erwin Merlet (ÖAZ 1919 S75/76 und ÖAZ 1920 S75)
Langkofelgruppe - Innerkoflerturm (3070m)
1. Ersteigung direkt vom Verbindungsgrat der Langkofelkarspitze, am 25. Juli 1917, Fähnr. Gustav Jahn und Oberarzt Dr. Erwin Merlet (ÖAZ 1918 S77/78, 1920 S75)
Langkofelgruppe - Daumen (2953m)
1. Ersteigung über den Nordgrat, 1. Überschreitung - Fünffingerspitze (2997m) 1. Überschreitung von Nordost nach Südwest, durch Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn, Oberarzt Dr. Erwin Merlet (ÖAZ 1918 S78, 1920 S75) im Sommer 1917
Gustav Jahn vor dem Langkofel, als Instruktor der K. K. Bergführer Ersatz- und Instruktionskompagnie.
Langkofelgruppe - Wesselyturm (3077m)
1. Ersteigung der Südwestwand, 1. Überschreitung - Langkofel (3178m) über den oberen Westpfeiler, am 18. August 1917, Fähnr. Karl Huter, Fähnr. Gustav Jahn (ÖAZ 1918 S78/79 und 1920 S75) *)
*) Es benötigten bei der 1. Ersteigung des Langkofels über den Westpfeiler (Wesselyturm) die Herren Gürtler und Oppel 10 Std., bei der 2. Fiedler und Pauli 7 Std., bei der 3. Jahn und Merlet 6 1/2 Std. und bei der IV. Ersteigung Huter und Jahn 5 Stunden.
Umrahmung des Grohmann und Plattkofelgletschers:
Fünffingerspitze - Grohmanspitze - Innerkoflerturm - Zahnkofel - Plattkofel - 1. Überschreitung aller fünf Gipfel an einem Tag am 24. August 1917, Dr. Erwin Merlet und Gustav Jahn
1918
Langkofelgruppe, (neu) Innerkoflerturm Südostwand (größtenteils neuer Weg), Langkofeleck (2. Ersteigung über die Nordwand, größtenteils neuer Weg), Sellagruppe, Dritter Sellaturm (1. Ersteigung über die Westwand, 2. tatsachliche Überschreitung.), Erster Sellturm (1. Ersteigung über die Nordwand). Erstmalige Winterbesteigungen: Grohmanspitze, Fünffingerspitze, Innerkoflerturm, Zahnkofel, Ersteigung des Gr. Murfreitturmes über die Nordostwand.
Jahns Kriegsdienst endet im November 1918 ...
An einem Sommermorgen 1918 wanderten Jahn und ich ...
Eduard Pichl
Überschreitung der Fünffingerspitze
Nach einer längeren Reise, die mich, einer dringend und unwiderstehlich vorgebrachten, daher unablehnbaren Einladung Rußlands folgend, Ende 1914 von den Schützengräben oberhalb Gorlice nach Kiew und Moskau führte und die ich dann noch, da mir - in wohltuendem Gegensatze zu unseren Bundesbahnen - ohne Ansuchen bereitwilligst freie Fahrt gewährt wurde, bis nach Omsk, Semipalatinsk und Krasnojarsk in Sibirien ausgedehnt hatte, kehrte ich endlich im Herbste 1917 über Petersburg, Haparanda, dann das liebe, hochherzige und opferwillige Schweden durchquerend, über Helsingborg und Jütland in die schwerentbehrte Heimat zurück.
Der allseits verehrte Bergsteiger und Primarius Professor Dr. Hans Lorenz versuchte noch, an meinem zerschossenen rechten Handgelenk wieder gutzumachen, was möglich war, dann wurde ich, der ausgetauschte Kriegsinvalide, für frontdienstuntauglich erklärt und sollte im Hinterlande zur Truppenausbildung verwendet werden. Dazu fühlte ich mich nun allerdings sehr wenig geeignet und so war es natürlich ein Tag der Freude für mich, als mein Ansuchen, bei der militärischen Bergführer-Abteilung in Gröden Dienste leisten zu dürfen, bewilligt wurde und ich den Befehl erhielt, nach St. Christina abzureisen, um dort die Stelle eines Kursleiters im Bergführerkurs zu übernehmen.
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Das war denn auch eine Beschäftigung, wie sie für einen Bergmenschen nicht idealer sein konnte: die Wissenschaft und die Kunst des Bergsteigens im Dienste von Volk und Vaterland auszuüben und anderen zu lehren. Zudem wußte ich ja auch, daß alte, liebe Freunde in den Dolomiten meiner warteten, unter ihnen einer, den ich schon zwanzig Jahre lang kannte und mit dem ich manche schöne und schwierige Bergfahrt ausgeführt hatte: Gustav Jahn. Und ich kam und verlebte einige glückliche Monate, bis das von Verbrechern fernab der Front gestreute Gift seine unheilvolle Wirkung getan, bis die ruhmreichen Waffen zerbrochen und Ehre wie Heimat geschändet waren. Infolge seiner viele Monate andauernden Tätigkeit in diesem Gebiet fühlte sich Jahn sozusagen als Hausherr im Reiche der Grödener Dolomiten; in diesem Gefühle schlug er mir, um etwas von seinen Schätzen zu zeigen, vor, mit ihm eine Überschreitung der Fünffingerspitze von Nordost nach Südwest, über alle fünf Finger, auszuführen. Ich sagte gerne zu, mußte es doch, wenn ein Jahn sich dafür so erwärmte, eine der schönsten Fahrten in der Langkofelgruppe sein. Und noch ein anderes Prachtstück seiner Bergwelt ließ er mich andächtig bewundern, als er mich, bei anderer Gelegenheit, durch ein romantisches Wirrsal von Türmen und Scharten hindurch von der Grohmannspitze hinüber auf den Innerkoflerturm führte.
Leider sind meine Aufzeichnungen über diese Fahrten ebenso verlorengegangen wie das Verzeichnis aller unter meiner Leitung in Gröden ausgeführten Touren der zur Ausbildung zugewiesenen Offiziere und Mannschaften. Beim Zusammenbruch zu Anfang November 1918 übergab ich fünf Gepäckstücke mit Uniformen, Wäsche, Bergschuhen, Kletterschuhen, Büchern des Österreichischen Alpenklubs, Karten, Seil, Erinnerungen an meine Gefangenschaft, Schiausbesserungswerkzeug und vieles andere vertrauensvoll der Tochter des Hüttenwartes der Regensburger Hütte Johann N. Demetz in St. Christina zur Aufbewahrung, doch als ich mich dann von Wien aus nach meinem Eigentum erkundigte, teilte mir der Mann mit, daß alle meine Sachen von einer italienischen Patrouille beschlagnahmt worden seien. Und so kann ich bloß einiges aus meiner Erinnerung über die ersterwähnte Tour wiedergeben.
An einem Sommermorgen 1918 wanderten Jahn und ich mit leichtem Gepäck vom Sellahaus zum Langkofeljoch empor. Hoch oben, bald unter der Jochhöhe nahmen wir statt der Genagelten die Kletterschuhe und gaben erstere einem Mann, der sie uns auf die Fünffingerscharte bringen sollte. Jahn liebte leichte Rucksäcke und das war ja eine der großen Annehmlichkeiten bei den Grödner Touren, daß man viele sogar ohne Rucksack unternehmen konnte. Auf dem Joche angelangt, wandten wir uns den Felsen der Fünffingerspitze zu und schlugen den Weg Davidsons ein. Jahn übernahm die Führung. Über ein Band ging es ohne Schwierigkeit nach rechts hinauf zum sogenannten "Überbein" des Daumens, und bald darauf standen wir am Beginn des Daumen-Nordgrates. Die Kletterei auf diesem ist wahrhaft ein Genuß. Die Gratschneide ist äußerst steil und scharf; sichere, schöne Griffe und Tritte ermöglichen aber ein rasches Emporkommen. So steil ist der Aufstieg, daß ich Jahns Sohlen stets ober meinem Haupte sah; es war dabei hübsch anzusehen, mit welcher Leichtigkeit und Ausgeglichenheit der Bewegungen er schmiegsam aufwärts stieg.
Jahn freute sich, daß meine Hand trotz ihrer Verletzung so kletterfähig war, denn er schien heimlich gefürchtet zu haben, daß mir die Kletterei zu schwer werden könnte. Auf dem winzigen Gipfel ließen wir uns nieder, das heißt, wir hockten uns nebeneinander hin und trachteten das Gleichgewicht zu erhalten. Es war ein Vorgefühl des freien Schwebens im Luftraume. Jahn erklärte mir hier - und der auf uns unmittelbar wirkende Eindruck unterstützte seine Behauptung -, daß er den Daumen wegen dessen Eigenhöhe, seines kühnen Aufbaues und der scharfen Trennung von den übrigen Finger des Berges als selbständigen Gipfel bezeichnen müsse.
Der Abstieg erfolgte auf der Daumenscharte zugekehrten Seite. Flott ging es über die Wand hinab und über eine Querungsstelle zu einem vorhandenen, nicht gut sichtbaren Haken, über den mich Jahn sicherte und sehr schwierig abklettern ließ. Er selbst kam am doppelten Seile nach. Es war eine jener wenigen Stellen, wo er die Verwendung von Mauerhaken und derlei Hilfsmittel zulässig fand, sonst aber wollte er von Fahrten, die nur mit Verwendung solcher Geräte durchzuführen sind, nichts wissen. Wer kann es aber sagen, ob Jahn an der Nordwestkante des Großen Ödsteins einen so frühen Tod gefunden hätte, wenn er nicht Haken auch als Sicherungsmittel grundsätzlich abgelehnt hätte!
Von der Daumenscharte brachte uns der gewöhnliche Weg schnell über die Wand und über den Nordgrat des Zeigefingers auf den Mittelfinger, den Hauptgipfel. Nach längerer Rast auf seinem grauen Schrofendach stiegen wir über die "Essigwand" Oskar Schusters nach Westen ab und querten dann in der Nordseite über rotes Gestein in die Scharte vor dem letzen Finger. Der Übergang über diese Scharte gewährte ein Bild von packend schöner Wildheit und Jahn machte mich auf diese Stelle besonders aufmerksam. Wir standen nun in der Südseite des fünften Turmes auf einer bequemen Platte, die nach Südwesten zum "Schietzold-Riß" abbricht. Der Vorangehende muß hier schief nach rechts abwärts klettern und dabei außerordentlich behutsam sein, denn der Riß geht an seinem unteren Ende in einen mehr als 200 Meter hohen Abbruch aus. Sich an der Wand forttastend, gelangt man aus dem Riß in die letzte Scharte. Jahn, der sich an dem am oberen Ende des Risses steckenden Haken abseilte, traf bald bei mir ein und leicht ging es nun über Schrofen an der Nordseite hinab. Ein Steinmann zeigte die Stelle an, wo wir in den Westabsturz des Berges hinübersteigen konnten. Auf einem schönen, sehr langen Bande schräg nach abwärts schreitend, landeten wir "froh und sicher drüben" in der Fünffingerscharte, wo wir unsere Bergschuhe vorfanden und dann zum Sellajoch heimkehrten.
Jahn hatte diese Tour, eine der reizendsten Fahrten in der Gruppe, schon ein Jahr vorher mit seinem Freunde Dr. Merlet durchgeführt, sie entzückte ihn aber auch jetzt wieder und stimmte ihn fröhlich, vielleicht zum Teile auch deshalb, weil ihn diesmal nicht einer begleitete, den ihm der Krieg zugeführt, sondern einer, der ihn an entschwundene Stunden erinnerte, deren er stets mit Wehmut gedachte - an jene Zeit, wo es nicht Krieg noch Kriegsgeschrei gegeben hatte. Denn Jahn war ein ausgemachter "Pazifist", der seinem Unwillen, ja geradezu Haß gegen alle die Veränderungen, die der Krieg im Allgemeinen und besonders der in den Bergen hervorgebracht hatte, jederzeit rückhaltlos Ausdruck gab. In meiner Gegenwart aber vergaß er die von ihm ingrimmig verspottete "große Zeit" und fühlte sich wieder – ich vermied es, weil aussichtslos, ihm eine bessere Meinung von unserem Verzweiflungsringen beizubringen - in die Tage seiner Jugend zurückversetzt. Zwanzig Jahre waren vergangen seit meinem letzten Besuch dieses schneidigen Gipfels. Jetzt hatte der alte "Modeberg" in unerwartet neuer Schönheit Auferstehung gefeiert in meinem Bergsteigerleben.
Ein Jahr nach dieser Fahrt wurden die sterblichen Reste Gustav Jahns in dem stillen Bergfriedhof von Johnsbach zur Ruhe gebettet, Ödstein und Reichenstein halten dem großen Künstler und Meister der Berge die Ehrenwache, bis auch sie vergehen werden in Tod und Erneuerung.
Hofrat Ing. Eduard Pichl
Sellagruppe, Dritter Sellaturm: 1. Ersteigung über die Westwand (SW-Wand), JAHNWEG
durch Jahn, Merlet und Dyrenfurth, 2. tatsachliche Überschreitung.), Erster Sellaturm (1. Ersteigung über die Nordwand)
Abbildungen oben:
Fotos und Anstiegsskizze aus dem Buch "Sella und Langkofel extrem" (mit freundlicher Unterstützung Bergverlag Rother - München)
Abbildung links:
Die Zeichnung "Der Sellastock und die drei Sellatürme" von Jahn - eine Tempera/Gouache Technik - datiert mit 1918
Ersteigung des Gr. Murfreitturmes über die Nordostwand im September 1918, die Leiter der Kurstruppe auf dem Sellajoch - Oberarzt Erwin Merlet, Sanitätsleutnant Karl Huter und Leutnant Gustav Jahn
Originaltext Jahn:
Wenn man von Anfang an das Gefühl hat, daß eine Sache, an die man sich wohl oder übel beteiligen muß, schief geht, dann ist es das Vernünftigste, sich rechtzeitig zu drücken. Mit dem Weltkrieg war das aber nicht so einfach. Doch scheint mir ab 1917 diese Schwenkung bis zu einem gewissen Grade gelungen zu sein; über 150 Gipfelersteigungen, darunter bei 20 Neutouren, sind ein betrüblicher Beweis von geringer Kriegsbegeisterung in dieser Zeit.
Ja, es war sehr gemütlich als Instruktionsoffiziert bei der K. u. K. Bergführerkompanie in Gröden, so daß selbst die Möglichkeit, den sicheren Hafen des Kriegspressequartiers ohne außergewöhnliche Anstrengungen gewinnen zu können, mich nicht verleiten konnte, meiner Abteilung den Rücken zu kehren, denn ich sagte mir wohl ganz richtig, daß es immer noch besser sein dürfte, auf Kommando zu klettern, als befehlsgemäß dickgefressene Gestalten berüchtigter Heerführer im Bilde festzuhalten. Wie gesagt, als Bergsteiger hätte man es nicht besser wünschen können. Zu allem Überfluß erfuhr dieses herrliche Dasein Mitte September 1918 noch eine Steigerung, indem vom Kommando in St. Christina die Nachricht kam, daß die Leiter der Kurstruppe auf dem Sellajoch, Oberarzt Erwin Merlet, Sanitätsleutnant Karl Huter und Leutnant Gustav Jahn, wegen Mangel an Frequentanten für die nächsten vierzehn Tage dienstfrei sind.
Ganz frei! Das will etwas heißen beim Militär; wir konnten machen, was wir wollten, auch verschwinden, und meine Freunde waren rasch enschlossen, diese Zeit für ein Studium des Einflusses der Kriegsnahrung auf weibliche Körperformen in Innsbruck auszunutzen.
Aber wie oft mancher, der seine Zeche schon bezahlt hat, dann doch noch schnell ein Viertel trinkt, so machten mir die beiden den Vorschlag, am folgenden Tag als Abschiedtour die Murfreit Nordostwand anzugehen.
Am nächsten Morgen, daß war der 18. September, wanderten wir vom Sellajoch auf der neuen Kriegsstraße talauswärts ...
weiterlesen - Originalbericht (mit 3 Anstiegsskizzen) von Gustav Jahn öffnen
Jahns Kriegsdienst endet im November 1918 ...
1919 "Memento Mori"
Im Bild das Gemälde "Memento Mori" von Ernst Platz (Der Tod hält dem Bergsteiger eine Sanduhr entgegen und zeigt ihm somit die ablaufende Lebensuhr).
Gustav Jahns letzte Tour ...
Der 17. August 1919 war ein schöner und sonniger Tag. Auch in Wien, wo Jahns Mutter Johanna mit ihrer Schwägerin Anna und deren Tochter, unsere Tante Else, einen Spaziergang unternahm. Man sprach über dies und das, als Johanna Jahn plötzlich innehielt, blass wurde und ganz leise sagte "jetzt ist dem Gustl was passiert".
Tante Else (†), damals noch ein Kind, erinnerte sich noch an diese Begebenheit. Sie verwies auf die innige Beziehung Gustav Jahns zu seiner geliebten Mutter und er sendete ihr wohl in den letzten Momenten seines Lebens ein "Leb' Wohl liebste Mutter".
17. August 1919 - Gustav Jahns letzte Tour - Gesäuse Ödsteinkante (NW-Kante)
In der zweiten Augustwoche 1919 traf sich Gustav Jahn mit Michael Kofler in Gstatterboden zu gemeinsamen Fahrten. Am 16. August hatten sie miteinander Pfannls Weg durch die Hochtor-Nordwand in unglaublich kurzer Zeit begangen. Am Abend äußerte Gustl wiederholt seine Freude darüber, daß er sich so besonders wohl fühle und trotz seiner 40 Jahre so außerordentlich "gut in Form" sei. Darum wurde für den kommenden Tag etwas ganz besonderes, der Aufstieg über die Ödstein-Nordwestkante vereinbart.
Abb.: (li.) Hochtor und Ödstein von Westen, Aufnahame von Ing. Bruno Heß um 1918, (re.) Skizze: Ödstein von NW mit den Anstiegsrouten aus dem Gesäuseführer von Heinrich Heß und Ing. Eduard Pichl
Großer Ödstein - (2.355 m) – Ödsteinkante (bis V-). Die Ödsteinkante bietet einen der bekanntesten klassischen Anstiege im Gesäuse. Mit einer Wandhöhe von 700 m und einem langen Zu- und Abstieg stellt diese Tour zu dieser Zeit eine große herausfordernde alpine Unternehmung dar.
Die Route verläuft zu zwei Drittel über die Kante, ein Überhang erfordert den sogenannten "Preuß-Quergang" - sehr ausgesetzt ! - wo sich der Absturz Gustav Jahns nach Aussage des Bergungsteilnehmers Alfred Horeschofsky ereignet haben muss. Nach Aussagen Ortskundiger wurde an dieser Stelle angeblich auch der an die Wand gelehnte Pickel von Michael Kofler gefunden. Jahn war Vorausgänger und hatte den sichernden Kameraden Michael Kofler mitgerissen.
Die Absturztiefe betrug ~ 500 Meter (das ist die vierfache Höhe des Stephansdom in Wien). Kofler hielt noch die Seilschlingen in der Hand und lag auf einem Felsband des Ödstein-Kars, Jahn etwas unterhalb, in drei Teile zerschlagen.
NW-KANTE (IV). Sehr schwierige Kletterei, eine der großartigsten der gesamten Gesäuseberge; an der Schlüsselstelle fester Fels. Der einstieg (Originalweg Dibona) erfolgt am tiefsten Punkt der abfallenden NW-Kante, noch vor Beginn der engen Schneeschlucht, die den Zugang zur unmittelbaren N-Wand vermittelt. Zuerst über eine schwierige Wand und durch einen überhängenden Kamin auf ein Köpfel, dann schwierig rechts querend und sehr schwierig auf eine ebene Stufe. Durch ein schwach ausgeprägtes System von Spalten aufwärts, nach 1. zu einem Schuttplätzchen.
PREUßEINSTIG (III): Durch einen sehr steilen, brüchigen Riss auf ein schönes, breites Band, das nach rechts bis zum Schuttplätzchen führt (Vereinigung mit dem Originalweg). Durch einen steilen Kamin auf ein höher gelegenes Band nach rechts zu einer Nische, durch einen überhangenden Spalt und über eine Wandstufe zur Kante. An dieser direkt aufwärts, bis sich die Steilheit mindert. Nun entweder über den Grat oder 1. in den Schrofen querend zum Sattel vor dem Steilaufbau der mittleren Kante. Vom Sattel über eine zunehmend steile, etwa 50 m hohe Wand an den Überhang, einen vorspringenden, abgestuften Wulst. Sehr schwierig über diesen auf die Stufe und darauf 2m nach 1. und über steile Platten zum zweiten Überhang. Darüber hinweg und über eine anschließende Platte zur Nische inmitten eines Steilaufbaues. Nun einige Möglichkeiten: (siehe Detailbild)
Gustav Jahn und Michel Kofler nahmen von hier aus vermutlich (B.) den Preußquergang - eine verhängnisvolle Entscheidung.
(b.) PREUßQUERGANG: (IV); Von der Nische nach 1. um eine als kleiner Kegel ausgeprägte Kante herum und 20m waagrecht über eine glatte Platte entlang zu einem Schartel in einem vorspringenden, kanzelartigen Band.
Dann 3 m nach 1. und gerade aufwärts zum Originalweg (nur von sportlichen Charakter).
(Skizzen und Beschreibungen aus dem Gesäuseführer von Heinrich Heß und Ing. Eduard Pichl)
Als am Abend des 17. August die zwei nicht zurückkamen, wurde man im Hotel besorgt und rief, was gerade erreichbar war, zu einer Rettungsunternehmung.
Die Rettungsmannschaft brauchte nicht lange zu suchen. Im Ödsteinkar fand man am Fuße der Kante Jahn und Kofler als Leichen. Gustav Jahn wurde im Johnsbacher Friedhof, in dem schon viele abgestürzte Bergsteiger ihre letzte Ruhe gefunden hatten, begraben.
Sein Name ist uns ein Symbol, und als Mensch ist er uns Vorbild durch seine beispielgebenden Taten und dem Unvergänglichen seiner geschaffenen Kunstwerke.
Nachtrag / Ergänzungen:
Unter dem verdienten SV-Villach (Skiläufer Vereinigung Villach) Obmann Heinrich Haydvogel wurde im Jahre 1921 die erste Nachkriegs-Landesmeisterschaft in Villach ausgetragen. Im Jahre 1924 wurde die „Jahnschanze“ - benannt nach dem Wiener akad. Maler Gustav Jahn - mit einem Sprungbewerb eröffnet.
>>> hier können Sie noch mehr über
Bergung, Begräbnis und Nachrufe von Gustav Jahn
erfahren (http://www.gustav-jahn.at/bergung.html)
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